Baby-Schüttler-Prozess in München: Vater nach Tod seines Babys verurteilt

In München ist der Prozess gegen einen Vater zu Ende gegangen, der seine eigene Tochter totgeschüttelt haben soll.
von  John Schneider
Der Angeklagte mit Verteidiger Peter Guttmann Ende Juni.
Der Angeklagte mit Verteidiger Peter Guttmann Ende Juni. © jot

In München ist der Prozess gegen einen Vater zu Ende gegegangen, der seine eigene Tochter totgeschüttelt haben soll. Die Auffassungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung konnten gegensätzlicher kaum sein.

München - Der Vorsitzende Richter Michael Höhne zitiert zu Beginn seiner Urteilsbegründung Wilhelm Busch: "Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr."Stimmt zwar. Aber viele Zuhörer im Gerichtssaal haben in diesem Moment wohl keinen Sinn für Buschs speziellen Humor.

Zu traurig, zu tragisch scheinen die Umstände des Todes der kleinen Alessia, die nur sechs Wochen alt wurde. Ihr Vater hat sie nach Überzeugung des Schwurgerichts so stark geschüttelt, dass das Baby wenig später im Krankenhaus verstarb. Die Richter schicken Giovanni S. deshalb für fünf Jahre wegen Totschlags ins Gefängnis.

Die Mutter des Kindes – sie hat den bereits über sieben Monate dauernden Prozess auf den Zuhörerrängen verfolgt und dabei immer zu ihrem Mann gehalten – hört das Urteil, senkt den Kopf und beginnt leise zu weinen. Eine Begleiterin legt ihr beruhigend den Arm auf die Schulter.

Baby-Schüttler-Prozess in München zog sich über Monate

Natürlich ist auch dem Richter die Tragik des Geschehens bewusst. Er spricht vom "Augenblicksversagen"eines liebenden Vaters, der sein kleines Kind nicht beruhigen konnte. "Der Angeklagte war mit seinen Nerven am Ende und von der Situation überfordert.“

Die Situation: An einem Oktobertag 2017, zwischen 14.50 Uhr und 14.55 Uhr, hat der Hilfskoch sein Töchterchen auf dem Arm. Das Baby weint mehr als sonst. Die Muter geht ins Bad, um sich frisch zu machen. Als sie zurückkommt, hört sie ihren Mann rufen: "Respira!"(Atme!). Alessia bewegt sich nicht, die Frau ruft den Notarzt.

Das Gericht kommt nach der Beweisaufnahme und den vielen angehörten Gutachtern zu dem Schluss, dass Alessia in diesen fünf Minuten von ihrem Vater heftig geschüttelt wurde.

Staatsanwalt sieht von Mordanklage ab

Ursprünglich war der 34-Jährige sogar wegen Mordes angeklagt. Doch Staatsanwalt Laurent Lafleur rückte davon im Plädoyer ab. Er forderte am Ende neun Jahre Haft wegen Totschlags.

Die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Die Angriffe von Verteidiger Peter Guttmann im Plädoyer sind gestern noch mal Thema. Höhne bezeichnet sie als "polemisch"und "unerträglich“. Die Verteidiger werden Revision einlegen.

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