Baby in Neuperlach ausgesetzt: Mutter (27) schweigt zu Vorwürfen

München - Wollte der kleine Kerl auf sich aufmerksam machen? Die Passantin, die das Bündel Mensch in der Hecke entdeckte, berichtet vor Gericht, dass das Neugeborene den linken Arm ausgestreckt hatte. Als wollte Elias Justus sagen, dass er noch nicht sterben will. So der Eindruck seiner 59-jährigen Lebensretterin.
Die Neuperlacherin war am 18. August vergangenen Jahres mit ihrem Hund Gassi. Als der Vierbeiner in einer Hecke verschwand, folgte sie ihm und sah auf der anderen Seite eines niedrigen Maschendrahtzauns das hilflose Kind. "Mir ist fast das Herz stehengeblieben", sagt die Frau, die dem kleinen Elias Justus wahrscheinlich das Leben gerettet hat. "Das Kind war einfach eiskalt." Die Zeit: 9.38 Uhr.

Elias Justus wurde laut Staatsanwalt Laurent Lafleur mehr als drei Stunden zuvor in dem Vorgarten eines Mehrfamilienhauses in Neuperlach zur Welt gebracht. Seine Mutter durchbiss demnach die Nabelschnur und ließ das Kind in der Hecke liegen.
Baby ausgesetzt: Justus war in "akut lebensbedrohlichem Zustand"
"Er lag dort auf der bloßen Erde, ohne Decke", sagt die 59-jährige Zeugin. "Mir läuft’s jetzt noch eiskalt den Rücken runter." Als er gefunden wurde, hatte der Säugling nur noch eine Körpertemperatur von knapp 26 Grad, Knochenbrüche und innere Blutungen. Seine Herzfrequenz war auf 80 Schläge pro Minute gefallen. Es bestand laut Anklage "ein akut lebensbedrohlicher Zustand".
Angeklagt ist die 27-jährige Hani R. aus Gießen. Wegen versuchten Mordes und schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen. Die gehörlose Frau soll sich mit einem Neuperlacher am Vortag getroffen und bei ihm in dem Haus übernachtet haben. Der Mann sagte 2018 der AZ, ihm sei die Schwangerschaft auch beim einvernehmlichen Sex nicht aufgefallen.
Nach der Geburt soll die Frau stark blutend wieder in die Wohnung des Mannes zurückgekehrt sein, gemeinsam habe man die Blutspuren weggewischt.
Prozess in München: Angeklagte schweigt
Dann habe er Hani R. zum Bahnhof gebracht, weil sie ihm sagte, in Frankfurt am Main ein Krankenhaus aufsuchen zu wollen. Abends habe sie ein Grillfest in Hanau besucht. Über ihren neugeborenen Sohn verlor sie der Anklage zufolge dabei kein Wort. Auch vor Gericht schweigt sie zu den Vorwürfen, gibt aber via Gebärdendolmetscherin bereitwillig Auskunft über ihr bisheriges Leben. Über die beiden gescheiterten Ehen, ihren ersten, inzwischen zweijährigen Sohn, das zwischenzeitlich angespannte Verhältnis zu ihren Eltern und über ihre Hobbys Fußball und Hip-Hop. Nachdem sie vor Prozessbeginn noch zittert und weint, wirkt sie bei dieser Aussage wieder ganz ruhig.
Dem Buben geht es nach AZ-Informationen inzwischen wieder gut. Die Brüche sind verheilt. Das Jugendamt kümmert sich um Elias Justus.
Das Urteil wird am 7. Juni erwartet.
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