AZ-Trend: Die MVG hat zu viele Barrieren

München - Rund 265.000 Menschen (17 Prozent der Münchner) sind im Rentenalter, also 65 Jahre oder älter. Damit gibt es mehr Ältere in der Stadt als Münchner unter 20.
Freilich, frisch in Rente geht es den meisten Senioren in München gut: Viele sind heute deutlich fitter, als es Rentner früher waren. Sie reisen, lernen noch einmal eine neue Sprache oder genießen das Münchner Kulturleben.
Allerdings steigt der Anteil derer, die im Alter arm oder von Altersarmut bedroht sind, deutlich. Mehr als 15.000 Rentner sind auf Grundsicherung angewiesen. Bis 2035 werden es laut Sozialreferat 26.000 sein, deren Rente nicht zum Überleben reicht – nicht eingerechnet sind diejenigen, die trotz schwieriger finanzieller Lage keine Grundsicherung beantragen.
Aber auch anderswo drückt der Schuh: "Einsamkeit ist bei vielen Münchner Senioren ein großes Problem", sagt Seniorenbeirats-Chef Reinhard Bauer (SPD). "Rund zwei Drittel der Älteren leben als Single oder verwitwet allein. Die Freunde sterben weg, die Kinder leben in anderen Städten oder kümmern sich aus anderen Gründen nicht." Dann fehlt nicht nur die Geselligkeit, es fehlt auch Unterstützung im Alltag – beim Einkaufen, beim Treppensteigen, wenn Glühbirnen ausgewechselt oder die Gardinen gewaschen werden müssen.

Mangelnde Barrierefreiheit sehen viele als Problem
Auch ein schwieriges Thema: die mangelnde Barrierefreiheit, wenn Senioren öffentliche Verkehrsmittel benutzen. "Viel zu oft sind Rolltreppen oder Aufzüge kaputt", sagt Bauer, "oder es fehlen Absenkungen an Bushaltestellen". Zu schaffen macht vielen Älteren auch, dass immer mehr Bankfilialen in den Vierteln schließen. Bauer hatte schon letztes Jahr Bargeld-Boten gefordert für Senioren, die nur unter großen Schwierigkeiten eine Filiale erreichen.

Wo also soll die Stadt handeln, wenn es um Senioren geht? Das haben wir die Münchnerinnen und Münchner gefragt. Die Befragten konnten mehrere Themen nennen. Dabei sticht ins Auge: Freizeitgestaltung ist ein nachrangiges Problem. Nur 42 Prozent wünschen sich mehr Angebote wie Tanztees oder die Senioren-Volkshochschule.
Mehrheit wünscht sich Hausbesuche mit Hilfe im Alltag
Viel deutlicher ist der Zuspruch bei den "harten" Themen. Fast 70 Prozent finden, dass die Stadt bei der Barrierefreiheit nachbessern muss, weil man mit Rollator, Rollstuhl oder Gehstock nicht ausreichend einfach vorankommt. 66 Prozent wünschen sich einen Ausbau von Hausbesuchen mit Hilfe im Alltag. Die Hälfte wünscht sich mehr Unterstützung, etwa in Alten- und Servicezentren. "Da sind wir mit den aufsuchenden Hausbesuchern auf einem guten Weg", sagt Seniorenbeirats-Chef Reinhard Bauer.
Ebenfalls ein großes Thema in der Stadt: die Gesundheitsversorgung. Hausärztemangel ist zwar eher ein Problem auf dem Land, aber auch in München sind die Wartezimmer oft voll. Trotzdem gaben 65 Prozent der Befragten der Hausärzteversorgung die Schulnoten sehr gut oder gut, 21 Prozent bewertete mit einer 3. Weniger als 15 Prozent gaben eine schlechtere Note – wobei Frauen die Noten 4 bis 6 etwas häufiger vergaben als Männer.

Ähnlich sieht es bei den Kliniken aus. Note 1 bis 2: 60 Prozent, Note 3: 21 Prozent – wobei auffällig ist, dass sich hier immerhin vier Prozent der Befragten gar kein Urteil zutrauen. Erfahrung mit Kliniken sind wohl weniger verbreitet als solche mit dem Hausarzt.
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