AZ-Leser abgewiesen: Türkei-Spenden nur als Neuware

Organisatoren bitten um Verständnis. So lande alles Benötigte deutlich schneller vor Ort.
Hüseyin Ince
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Aktuell können in München nur neuwertige Spendenartikel für die Türkei angenommen werden, aber nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus einem guten Grund. (Symbolbild)
Aktuell können in München nur neuwertige Spendenartikel für die Türkei angenommen werden, aber nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus einem guten Grund. (Symbolbild) © picture alliance/dpa

München - Anfang der Woche hat sich ein treuer Leser bei der AZ gemeldet. Michael Schuster aus Taufkirchen hatte gerade ein ernüchterndes Erlebnis. Der Mann - ein Vertriebler mit viel Außendienst - war zuvor in einer Halle für Türkeispenden angefahren - und wurde abgewiesen. Begründung: Es seien keine Neuwaren.

"Das waren alles kaum getragene Kleidungsstücke, eine maßgefertigte Daunendecke war darunter, auch sehr gute Winterschuhe und dicke, kaum bis gar nicht getragene Jacken", erklärt er. Schusters Transporter war voll bis unter die Decke. Zwei Stunden lang hatte er zuvor mit seiner Frau daheim Sachen sortiert. Schuster - ein großer Türkeifan, der dort regelmäßig Urlaub macht - war so enttäuscht, dass die Ehrenamtler in der Halle dann doch bereit waren, etwa die Hälfte der Sachen anzunehmen und auszusortieren.

Wohl Vorgabe der türkischen Behörden: Nur Neuwaren

Schuster war noch am Morgen in der Halle vorbeigefahren und hatte sich genau erkundigt, was noch gebraucht werde. Doch die Ehrenamtlerin vom Morgen hatte offenbar schon Feierabend.

Möglicherweise hatte sich die Regelung aber auch zwischen erster und zweiter Anfahrt Schusters geändert. Mit halbvollem Transporter fuhr Schuster also wieder heim.

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Die AZ hakte nach. Es handelt sich mutmaßlich um eine Vorgabe der türkischen Behörden. Für eine Stellungnahme war im Münchner Konsulat zunächst niemand zu erreichen. Unter den Helfern in Taufkirchen heißt es, das alles habe sicher nichts mit Arroganz zu tun.

Grund für die Regelung sei, dass durch die überwältigende Spendenbereitschaft schon große Massen an Jacken, Decken und Winterschuhen eingegangen sind. Zudem ist es offenbar ein immenser logistischer Aufwand, die bereits eingegangenen Waren zu sortieren.

Nur Neuware spenden? Es hat schon seinen guten Grund

Und es gelte nun, "den Schwerpunkt auf technische Spenden zu verschieben", sagt etwa Taskin Akkay, Vorstand des Fußballvereins Türkgücü. Mehr als hundert Ehrenamtler rund um den Verein organisieren derzeit die Taufkirchner Sammelstelle. Akkay sagt: "Es sind schon Dutzende volle Lastwagen und Flugzeuge mit Textilien unterwegs. Jetzt werden dringend Generatoren, Gas- und Ölöfen sowie Winterzelte gebraucht." Aber auch hier - er bittet um Verständnis - als Neuware. Sie lande deutlich schneller im Erdbebengebiet.

Gebrauchte Stromgeneratoren etwa "müssten wir überprüfen, ob entflammbare Stoffe darin sind", sagt Akkay. Sonst dürfe man sie nicht per Flugzeug oder Lkw verschicken. Und bei Zelten sei es so: "Wir müssten ja prüfen, ob alle Teile dabei sind. Wenn ein unvollständiges Zelt ankommt, kann man es im Ernstfall nicht aufbauen. Das bringt niemandem etwas."

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10 Kommentare
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  • Der wahre tscharlie am 19.02.2023 15:49 Uhr / Bewertung:

    Teilweise ist das schon verständlich. Denn es ist ja schon lange bekannt, dass es Leute gibt, die ihre alten Sachen, die teilweise kaputt sind, billig "entsorgen" wollen.
    Deshalb müssen die Sachen ja aussortiert werden.

  • Dimpfe am 18.02.2023 21:23 Uhr / Bewertung:

    Die Türkei will Bargeld oder nagelneue Markenklamotten von Nike&Co. , sonst nix.

    Stellenweise macht das auch Sinn, denn Jacken kann man auch in der Türkei kaufen. Schaufeln, Heizgeräte, Zelte usw. auch. Aber es ist mehr als dreist, einfache Hilfen (Kleidung etc.) schlichtweg abzulehnen, weil die Ware "gebraucht" ist.

    Dem Menschen, der durch das Erdbeben nicht nur sein Zuhause, sondern auch ggf. Angehörige verloren hat ist es egal, ob Hilfsmittel"gebraucht" sind oder nicht. Der türkische Staat sieht das wohl anders. Nur Neuware, bessser noch Bargeld soll man spenden.

  • Himbeergselchts am 18.02.2023 13:38 Uhr / Bewertung:

    Wir kauften gleich in den ersten Tagen des Ukrainekrieges vorausschauend kräftig ein. Hygieneartikel, von Zahn- und Haarbürsten über Cremes, Klopapier bis zu Windeln und Babynahrung.
    An der Sammelstelle wunderten wir uns, dass die Helfer uns in Windeseile das Auto leer räumten.
    Ein Blick in die Räume genügte: Berge von Klamotten. Saubere, warme Mäntel und Anoraks, aber auch altes Zeug von wohl edlen Spendern, die dachten sie besorgen sich mal was schickes Neues und ihr abgetragenes, schmuddeliges Zeug erfreut die „armen Teufel“. Dasselbe beim Helfen von abgegebener Kleidung für Flüchtlinge und Migranten 2015. von neuen Kindersachen, bis zur verdreckten Reizwäsche war alles dabei. Es gibt eben so ne und so ne.

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