Autofahrer Ü65: Führerschein gegen MVV-Jahreskarte?

München - Die Ampel übersehen, in der Kurve die Kontrolle verloren, beim Ausparken Bremse mit Gas verwechselt: Senioren sind zwar nicht häufiger als andere Verkehrsteilnehmer in Unfälle verwickelt. Wenn, dann tragen sie in drei Viertel der Fälle aber die Schuld.
Die Frage ist natürlich äußerst unbequem, angesichts solcher Statistiken macht sich aber auch die Stadt München darüber Gedanken: Sind ältere Verkehrsteilnehmer ein Sicherheitsrisiko für unsere Straßen?
Die Rathaus-Grünen haben dazu schon vor zwei Jahren einen Vorschlag gemacht: Senioren, die freiwillig ihren Führerschein abgeben, sollten dafür mit einer Jahreskarte für den öffentlichen Nahverkehr entschädigt werden. Das wäre ein Modell, schrieben die Grünen, das „der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer durchaus zugutekommen“ würde.
Antrag hat wenig Chancen auf Durchsetzung
Am Dienstag wird sich der Stadtrat nun mit diesem Vorschlag beschäftigen. Und wie es aussieht, wird der Antrag wohl abgelehnt. KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle hält die Idee nämlich nicht für sonderlich gut durchdacht.
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Schon rein rechtlich sei die Sache problematisch, schreibt Münchens oberster Verkehrsbeamte in seiner Beschlussvorlage für den Stadtrat. Mit der Abgabe des Führerscheins erlösche nämlich nicht zwangsläufig die Fahrerlaubnis. Die bestehe grundsätzlich weiter – auch ohne Lappen in der Tasche.
Blume-Beyerle befürchtet deshalb Mitnahmeeffekte. Schließlich würden bestimmt auch viele Senioren ein MVV-Ticket einfordern, die ihr Auto ohnehin fast nur noch in der Garage stehen haben. Die Stadt Ulm habe das schon einmal schmerzhaft erfahren müssen.
Als 1993 dort ein ähnliches Tauschgeschäft eingeführt wurde, musste die Stadt zwar zahlreiche Jahreskarten bezahlen, die Zahl der betagten Autofahrer auf den Straßen nahm aber kein bisschen ab.
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Weil auch der Seniorenbeirat gegen den Grünen-Vorschlag opponiert, wird die Stadt die Idee wohl fallenlassen. Eine Jahreskarte als Anreiz sei doch wenig lukrativ, sagt Ingeborg Staudenmeyer, Münchens höchste Seniorensprecherin. „Außerdem empfinden wir die Begründung des Antrags als absolut diskriminierend.“
Statt des Tauschgeschäfts will die Stadt nun ihr bereits bestehendes Informationssystem für Senioren etwas aufbessern. Mobilitätstraining, Radfahrkurse und Spaziergangsgruppen – all das bestehe ja bereits, sagt KVR-Chef Blume-Beyerle. Wer in das entsprechende Alter kommt, den will die Stadt künftig mit einem Infoschreiben speziell auf dieses Angebot aufmerksam machen.