Ausländerbehörde: Hundert Meter Warteschlange

München - Der Verbraucherschutzverband Berlin-Brandenburg hat Google-Bewertungen von deutschen Bürgerbüros analysiert. Und besonders gut hat München dabei nicht abgeschnitten, Platz 34 von 40. Ein Büro fiel besonders negativ auf. Die Zentrale des Kreisverwaltungsreferats (KVR) an der Ruppertstraße: 2,4 von 5 Sternen.
Wer morgens hier vorbeifährt, kann schon erahnen, warum das so ist. Eigentlich sollte durch die Online-Terminvergabe dieser Anblick schon längst passé sein. Doch regelmäßig bildet sich hier eine Warteschlange von etwa hundert Metern, als ob es etwas umsonst gäbe.
Nur an der Ruppertstraße gibt es ein Ausländerbüro
Auch Aryan (28) (Name geändert) hat sich am Donnerstag angestellt. Der Inder lebt seit fünf Tagen in München und arbeitet als IT-Fachmann. Bei der Einreise hat man ihm gesagt, dass er sich innerhalb von zwei Wochen bei der Ausländerbehörde vorstellig machen soll, um die letzten Formalitäten zu erledigen. Doch der Blick in den KVR-Kalender schockte Aryan. "Den frühesten Termin hätte ich in acht Wochen bekommen, viel zu spät", sagt Aryan, der nun Angst hatte, Fristen zu versäumen. Nur an der Ruppertstraße gibt es ein Ausländerbüro. Ein Ableger an der Seidlstraße 27 behandelt nur Asylfälle.
Also entschied er sich, um 8 Uhr morgens sein Glück zu versuchen, am sogenannten KVR-Notfallschalter. Der nächste Schock: Die Warteschlange war bereits hundert Meter lang. "Wie früh muss ich mich denn bitte anstellen, um einer der Ersten zu sein?", fragt er sich laut. In der Warteschlange geht es nur mühsam voran. Ob er heute noch drankommt? Er zweifelt, weil er um spätestens 10 Uhr zur Arbeit muss.
Das Ausländerbüro ist massiv unterbesetzt
Aryan gehört zu den allermeisten Nicht-EU-Ausländern, die hier am Donnerstag anstehen. Ihnen geht es so ähnlich wie dem indischen Neu-Münchner. Sie wollen wichtige Fristen nicht verstreichen lassen - oder haben Angst vor Fristen, weil sie wegen sprachlicher Barrieren keinen Einblick in die Details haben. Sie alle verzweifeln am Terminkalender des KVR.
Eine Anfrage bei der Behörde zeigt, dass das Ausländerbüro offenbar unter Volllast fährt und ziemlich unterbesetzt ist. KVR-Chef Thomas Böhle (SPD) spricht davon, dass die Ausländerbehörde "im Rahmen ihrer begrenzten personellen Kapazitäten mit Hochdruck" daran arbeite, die Bearbeitungszeiten im Rahmen zu halten.
Seit April 2021 darf das KVR freie Stellen nicht nachbesetzen
Doch wegen des Einstellungsstopps, den der Stadtrat budgetbedingt beschlossen hat, könne man nicht mehr Personal einstellen, was offensichtlich dringend notwendig wäre. Seit April 2021 darf das KVR freie Stellen nicht nachbesetzen. Man versuche, die Fälle bestmöglich zu priorisieren, so Böhle. Ein berechtigter Notfall sei etwa ein Arbeitgeberwechsel oder eine dringende Reise.
Zu den Zahlen: Das Münchner KVR hat derzeit etwa 4.130 Vollzeitstellen. Hier herrscht ein Zusatzbedarf - in Verwaltung, sowie Sachbearbeitung - von rund 600 Vollzeitmitarbeitern. Die Ausländerbehörde hat etwa 400 Mitarbeiter. Laut den neuesten Erhebungen fehlen hier etwa 72 Vollzeitmitarbeiter, die das KVR derzeit nicht nachbesetzen darf.