Attentäter von München: Vater wollte psychologische Hilfe suchen

Videos seines Angriffs geistern im Netz herum, stündlich werden mehr Details aus dem Leben von Emrah I. bekannt. Was wir über den 18-jährigen Österreicher wissen, der am Donnerstag in München bei seinem Angriff auf das NS-Dokuzentrum und das israelische Generalkonsulat von der Polizei erschossen wurde.
Jan Krattiger
Jan Krattiger,
dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
32  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Mit einem Schweizer Militär-Gewehr aus dem 19. Jahrhundert war der Täter am Karolinenplatz unterwegs.
Mit einem Schweizer Militär-Gewehr aus dem 19. Jahrhundert war der Täter am Karolinenplatz unterwegs. © Screenshot: X

München/Salzburg - Mit einer Schweizer Militärwaffe aus dem 19. Jahrhundert, einem Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett, war der 18-jährige Österreicher am Donnerstagmorgen nach München gefahren. Er stellte in der Nähe des NS-Dokumentationszentrums sein Auto ab und begann dann zu feuern. Offenbar erst auf das NS-Dokuzentrum, wie sich am Freitag herausstellte, und dann auch auf das israelische Generalkonsulat gleich daneben. 

Emrah I.: Was über den Beinahe-Attentäter von München bekannt ist

Kurz darauf wurde er von fünf Münchner Polizisten gestellt, es gab einen Schusswechsel und Emrah I. starb an tödlichen Verletzungen. Die Polizisten blieben unverletzt, auch keine weiteren Personen kamen zu Schaden. 

Mit einem Schweizer Militär-Gewehr aus dem 19. Jahrhundert war der Täter am Karolinenplatz unterwegs.
Mit einem Schweizer Militär-Gewehr aus dem 19. Jahrhundert war der Täter am Karolinenplatz unterwegs. © Screenshot: X

Wer war dieser junge Mann und was war seine Motivation?

Der Vater von Emrah I. hat seinen 18-jährigen Sohn nach Angaben aus dem österreichischen Innenministerium als psychisch auffällig wahrgenommen. Er soll deshalb versucht haben, mit einer Psychologin in Kontakt zu treten, hieß es in Wien.

Laut Innenministerium handelte es sich bei dem 18-Jährigen um keinen "klassischen Islamisten". Er hatte demnach bis zum vergangenen Frühjahr eine höhere Schule mit Schwerpunkt Elektrotechnik besucht und galt als guter und intelligenter Schüler.

Während Corona-Pandemie zum Einzelgänger geworden

Dem Ministerium zufolge war die Familie im Zuge der Konflikte im ehemaligen Jugoslawien nach Österreich gezogen und galt in ihrer neuen Heimat im Salzburger Land als sehr gut integriert. Während der Corona-Pandemie habe sich der Sohn zurückgezogen. Er sei zum Einzelgänger geworden und sei in der Schule mit Sticheleien und Hänseleien konfrontiert gewesen, hieß es.

Radikalisiert auf Roblox? Was das Computerspiel mit dem Angreifer von München zu tun hat

Laut "Standard" handelte es sich bei dem Computerspiel um "Roblox". Das ist ein Online-Computerspiel, in dem man eigene Spiele erschaffen kann, auch zum Beispiel eigene Shooter, gemeinhin als Ballerspiele bekannt. 

Wie die Staatsanwaltschaft Salzburg schreibt, wurde damals im Zuge Ermittlungen seine Wohnung durchsucht, sein Handy, ein PC und andere Datenträger "sichergestellt und ausgewertet". 

Zu diesem Zeitpunkt war Emrah I. 14 Jahre alt. Die Behörden fanden auf seinem Handy keine relevanten Daten, auf seinem PC befanden sich drei Videos von besagtem Online-Computerspiel mit islamistischen Inhalten. In einem davon waren Symbole der Terrororganisation "Hay‘at Tahir al-Sham" (HTS), einer Nachfolgeorganisation der Al-Nusra-Front, zu sehen. 

"Wenige soziale Kontakte": Warum die Staatsanwaltschaft Salzburg das Verfahren gegen Emrah I. eingestellt hat

Diese Videos habe Emrah I. aber nicht weitergeschickt "oder sonst zu Propagandazwecken" gebraucht. Die Staatsanwaltschaft sah den Tatbestand der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung nicht erfüllt. Es habe auch keine weiteren Hinweise gegeben, dass er sich in radikal-islamischen Kreisen oder besonders religiös gelebt habe. Die Staatsanwaltschaft kam zum Schluss, "dass es sich um einen Jugendlichen mit verhältnismäßig wenigen sozialen Kontakten handelte". Auch Mitschüler gaben keine weiteren Hinweise auf islamistisch-terroristische Absichten. 

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Die Hausdurchsuchung förderte auch keine weiteren "Gegenstände oder Daten mit Bezug zum Islamischen Staat" zutage. Darum hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren am 23. April 2023 eingestellt. Dennoch wurde Emrah I. aber mit einem Waffenverbot bis 2028 belegt, wie die österreichische Nachrichtagentur APA meldete. 

Waffe für 400 Euro am Vortag der Tat gekauft

Laut Medienberichten soll Emrah I. das Gewehr am Mittwoch, also einen Tag vor der Tat, in Salzburg gekauft haben. Wie der "Standard" schreibt, war er am Mittwoch noch bei der Arbeit, am Abend habe er dann die Waffe über eine legale Onlineplattform für 400 Euro gekauft. 

Er hat sich dann offenbar mit dem Familienauto auf den Weg nach München gemacht. Die Familie hat ihn laut "Standard" als vermisst gemeldet, auch weil er Abschiedsworte an sie gerichtet habe. 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
32 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Bongo am 10.09.2024 15:27 Uhr / Bewertung:

    Gut, daß es Corona gab. Läßt sich wunderbar als Ausrede gebrauchen!

  • Himbeergselchts am 10.09.2024 11:31 Uhr / Bewertung:

    Dachte ich mirs doch. Teilweise lags an Corona. Und er war kein Islamist.
    Dann ist’s ja gut.

  • freeman am 10.09.2024 10:13 Uhr / Bewertung:

    Mir tut der Täter auch Leid. Hab das während der irren Coronazeit immer gedacht: die Zeit ist schlimm für alle, für Alte, Junge, Kinder, aber am schlimmsten doch wirklich Jugendliche. Einem Alter, in dem sich Teenager formen und sich der Charakter bildet, und man sich oftmals selbst hasst und auch unter normalen Umständen nicht mit dem Leben klar kommt. Der Täter war damals 14, litt noch dazu unter Hänseln und Mobbing. Konnten Erwachsene und Kinder sich nach Corona wieder einigermaßen in den Alltag hangeln, haben viele Jugendliche dramatischen, nämlich dauerhaften Schaden genommen, und sind jetzt halt volljährige Erwachsene. Und nein, daran ist keine Pandemie Schuld, sondern die unüberlegten Coronamaßnahmen unserer Politiker. Man hätte alles ganz besser machen, wie jetzt auch die RKI-Files belegen.

    Passend zum Thema ist das heutige Ergebnis einer Studie, dass der Lockdown-Stress Gehirnveränderungen verursacht hat. Da kommt auf die Gesellschaft eine kaputte Generation auf uns zu.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.