Arbeitsbedingungen und Bezahlung: Protest der Pflegekräfte in München
München - Das Würzburger Aktionsbündnis "Dienst-Tag für Menschen" und die Schwesternschaft München vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) haben sich am Dienstagabend wieder auf dem Münchner Rotkreuzplatz in stillem Protest versammelt. Sie hielten Plakate in den Händen: "Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt stehen, nicht die Ökonomie", hieß es darauf etwa.
"Wir demonstrieren für bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung", erklärte Monika Bösl, OP-Leitung in der Frauenklinik Rotkreuzklinikum München, der AZ. Mit Schichtdiensten und Wochenendarbeit würden zudem Auszubildende nach ihrer Lehre nicht bleiben, sagte die Krankenschwester Sabine Bartl, die bei der Demo Werbung für die Berufsgruppe machen möchte.

Holetschek: "Klatschen war schön, aber zu wenig."
In dieser Woche mischte sich prominenter Besuch unter die Demonstrierenden: Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nahm an dem Protest teil - zum Austausch. "Es ist immer gut, Flagge zu zeigen, ins Gespräch zu kommen und darauf hinzuweisen, dass die Pflege bei uns in der gesamten Gesellschaft unwahrscheinlich wichtig ist", sagte er der AZ vor Ort. "Klatschen war schön, aber zu wenig."
"Es muss eine Strukturveränderung geben", sagte auch Generaloberin und Vorstandsvorsitzende der Schwesternschaft, Edith Dürr, der AZ. Der Besuch des Ministers sei ein wichtiges Signal für die Mitarbeiter. Einmalige Aktionen seien jedoch nie nachhaltig.
Die vor kurzem beschlossene Pflegereform des Bundes, mit der Tarifbezahlung Pflicht werden soll, ohne dass sich Mehrkosten auf Pflegebedürftige durchschlagen, hatte Holetschek kürzlich als nicht weitreichend genug kritisiert. Der Tarifvertrag sei durch die Pflegereform "ein bisschen abgefedert" worden, sagte er der AZ. "Wir hätten die zu Pflegenden noch mehr entlasten können." Der erste Schritt in den Tarifvertrag sei dennoch ein wichtiger - "das wollten wir auch nicht blockieren". Dürr sagte: "Für mich ist das immer noch ein Reförmchen."
Pflege flexibler denken
Zur Kritik der bayerischen Grünen, "Holetschek soll seine Hausaufgaben machen" - auch auf Landesebene müssten Verbesserungen stattfinden - sagte dieser: "Zuständigkeitsfragen lösen die Probleme nicht." Das System sei komplex: "Wir reden immer gleich wieder darüber, wer schuld ist, wer haftet - wir müssen mal wieder vom Menschen denken."
Pflege müsse flexibler und sektorenübergreifend gedacht werden. "Und das will ich versuchen, in Bayern mitanzuschieben." Kurzzeitpflege etwa, müsse besser gemacht, Pflegestrukturen in Kommunen sichergestellt werden. Themen, wie ein bessere Work-Life-Balance, die Übertragung von Heilkunde als Kompetenzberuf müssten angegangen werden. "Ich könnte mir auch vorstellen, dass der Staat noch mehr tut, was steuerliche Vergünstigungen angeht."
Forderung nach konkreten politischen Mitbestimmungsrechte
Die neue Aufmerksamkeit auf das Gesundheitssystem durch die Pandemie könne man nun für Veränderungen nutzen. Es wäre schade, so der Minister, es jetzt nicht zu schaffen "da durchzumarschieren und eine Revolution anzuzetteln". Stellschrauben in Bayern seien schon zuvor angepackt, doch teils nicht umgesetzt worden. "Es sind Stellen geschaffen worden, die aber nicht besetzt wurden. Wir reden über Bürokratie - da ist etwas passiert, aber irgendwie dann doch nicht."
Revolution? Ja, findet auch Dürr. Es gelte nun eine gesellschaftspolitische Diskussion anzufachen und zu fragen: "Wie wichtig ist Pflege in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in Bayern?" Dann müssten entsprechende Verordnungen und Pilotprojekte seitens der Politik folgen. Gefordert werden konkrete politische Mitbestimmungsrechte, die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, Bürokratieabbau und Ressourcen für Aus-, Fort- und Weiterbildung.
Bis zur Bundestagswahl soll immer dienstags ab 17 Uhr auf dem Rotkreuzplatz demonstriert werden.
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