Ampeln wie in Tokio: München will innovative Kreuzung testen
München - Wenn die Ampel für Fußgänger auf Grün schaltet, beginnt das Spektakel an der Shibuya-Kreuzung in Tokio. Alle Fußgänger gehen gleichzeitig los, bis zu 2500 pro Grünphase heißt es von der nationalen japanischen Tourismusbehörde. Dabei gibt es kein Rempeln, kein Gedränge, nur ein effizientes Gehen über die seit 1932 so gestaltete Kreuzung. Kein Wunder, dass sich auch Japan-Touristen diese Choreographie nicht entgehen lassen wollen.
Neue Ampeln für das Bahnhofsviertel in München: Was hier getestet werden soll
Dass sich im Münchner Bahnhofsviertel Horden an Touristen bald an der Ecke Goethe-/und Landwehrstraße tummeln, ist unwahrscheinlich. Ein bisschen Tokio-Flair wird es hier in Zukunft aber geben, denn die Stadt möchte eine Tokio-Ampel testen, in Deutschland eher bekannt als "Rund-um-Grün". Das geht aus einer Antwort der Stadtverwaltung auf eine gemeinsame Anfrage der Grünen – Rosa Liste, SPD/Volt, Freie Wähler und Der Linken/Die Partei hervor. Konkret würde die Kreuzung so gestaltet werden, dass alle Fußgänger gleichzeitig Grün bekommen, wie man es eben aus Japan kennt. Die Zebrastreifen sind dort auch quer angeordnet.

Das Mobilitätsreferat hält die Kreuzung an der Landwehrstraße dafür geeignet, weil sie relativ kompakt ist, es keine Radwege gibt (Fußgänger und Radlfahrer kommen sich in München ja öfter einmal in die Quere) und Busse oder Trambahnen hier nicht fahren. Die würden durch die Tokio-Ampel nämlich ausgebremst. Ganz schnell geht es mit dem Verkehrsversuch jedoch nicht. Denn das Mobilitätsreferat möchte erst abwarten, bis die Ampelanlage an der Landwehrstraße ohnehin ausgetauscht werden muss. Wann das genau sein wird, könne man noch nicht sagen, es gebe derzeit "eine Fülle an Maßnahmen im Bereich Lichtsignalanlagen".
Die Idee hinter der Tokio-Ampel: Ein Hauch von Japan im Münchner Bahnhofsviertel
Auch dämpft das Mobilitätsreferat bereits die Erwartungen, bevor es den Test überhaupt begonnen hat. "Das Referat ist nicht von der Zweckmäßigkeit dieses Signalschaltungsvariante überzeugt", heißt es formschön im Beamtendeutsch. Der Grund: Bei einer Tokio-Ampel springen alle Laufrichtungen gleichzeitig auf Grün, die Schaltzeiten sind länger. Das bedeutet, dass man als Fußgänger in einer Rotlichtphase länger stehen und warten muss als bei einer klassischen Ampelschaltung. Laut Mobilitätsreferat kann dies aber "zu einer erhöhten Regelmissachtung" führen - und damit einem "zunehmendem Konfliktpotenzial".
In anderen deutschen Großstädten ist die Tokio-Ampel nicht weit verbreitet. In Berlin hatte man sie an der Kreuzung Kochstraße und Friedrichstraße eingeführt. Doch die dortige Verkehrsverwaltung hat im Sommer 2023 angekündigt, die Grünphase-für-alle wieder zu stoppen. Die Akzeptanz sei zu niedrig. In Hamburg hatte die Eimsbütteler SPD einen Vorstoß für die Osterstraße gewagt, scheiterte aber in diesem Frühsommer an der Bezirksversammlung. In Köln gibt es an der Neusser Straße eine recht bekannte Diagonalquerung, diese wäre fast einer Umplanung zum Opfer gefallen, soll nun aber doch erhalten bleiben.
Die Ampel im Japan-Stil ist übrigens nicht das Einzige, was sich im Bahnhofsviertel verändert. So sollen hier auch mehr vollautomatische Unisex-Toiletten aufgebaut werden. Diese haben neben einem Waschbecken, Seifenspender, Handtrockner, Urinal auch einen Wickeltisch. Die Anlage im Nußbaumpark steht bereits, am Bavariaring, in der Nähe der U-Bahnstation Theresienwiese soll eine weitere folgen. Gerade zu Wiesn-Zeiten sicherlich ein Pluspunkt.
In unmittelbarer Nähe, am Sankt-Pauls-Platz plant das Baureferat zudem, einen Trinkbrunnen aufzubauen, ein weiterer soll am neuen Bahnhofsvorplatz am Hauptbahnhof in der Bayerstraße installiert werden. Aber erst nach Baustellenende. Außerdem kann sich das Mobilitätsreferat vorstellen, im Bahnhofsviertel temporär Spielstraßen einzurichten. Da man derzeit aber noch viele andere Projekte habe, müsse man das "derzeit leider zurückstellen".
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