AfD im Hofbräukeller: Drinnen Petry, draußen Protest

Die AfD-Vorsitzende spricht am Freitagabend im Hofbräukeller – auf dem Wiener Platz versammeln sich rund 70 Gegendemonstranten und fünf Pegida-Anhänger. Die AZ ist vor Ort.
von  Anja Perkuhn
Demonstranten und Gegendemonstranten am Wiener Platz.
Demonstranten und Gegendemonstranten am Wiener Platz. © Daniel von Loeper

In den Rittersaal des Hofbräukellers, in den die Münchner Alternative für Deutschland geladen hat, kommt Frauke Petry am Freitagabend nicht einfach, sondern sie marschiert ein. Es geht auch gar nicht anders, denn laut erklingt der Bayerische Defiliermarsch – ein Stück Musik, das eigentlich immer die Ankunft des CSU-Granden Franz Josef Strauß ankündigte. „Aber der braucht ja auch mal einen Nachfolger“, sagt ein Kameramann der Partei.

Kreuz und quer zieht die Bundessprecherin der AfD durch die Tischreihen, jemand schwenkt vor ihr eine weiß-blaue Fahne und die Gäste klatschen auf Eins und Drei und Petry nimmt an einem Tisch weit vorne links Platz. Bevor sie zu Wort kommt, wärmt ein weibliches Mitglied vom Ortsverband München-Ost im den Parteifarben angepassten blau-roten Dirndl das Publikum auf: Sie will noch etwas zum Wirte-Boykott sagen, erklärt sie.

Der Wirt lässt alle Hofbräukeller-Schilder im Saal abhängen

Hofbräukeller-Wirt Ricky Steinberg hatte die AfD nach anfänglicher Zusage ja wieder ausladen wollen, vor allem aus Sicherheitsbedenken – das Landgericht hatte die Absage aber für unrechtmäßig erklärt. „Wir sind heute ganz besonders nett“, sagt eine Bedienung, „weil alle erwartet haben, dass wir Arschlöcher sind.“

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Das einzige kleine Aufbegehren, das Steinberg noch eingefallen ist an diesem Tag: die Hofbräukeller-Schilder im Raum abhängen. So ist der komplette Saal mit den roten Wänden und den drei großen Kronleuchtern ein Petry-Schrein: Sie lächelt von drei Postern an der Wand und von der kleinen Bühne.

Die Auseinandersetzung vor Gericht, sagt die Frau auf der Bühne also, „des hätts wegen uns ned braucht. Das tut uns wahnsinnig leid, dass wir dazu gezwungen waren. Wir hoffen, dass von Seiten der Wirte ein Umdenken stattfindet.“ Lauter Applaus. „Wir sind nämlich eine grundgesetzliche Partei.“

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Sie, das ist übrigens Iris Wassill – im Februar hielt sie einen Vortrag über „Machteliten“ am Beispiel des Investors George Soros. Ein Antisemitismus-Experte der Amadeo-Antonio-Stiftung bewertete diesen Vortrag als „strukturell antisemitisch“, Wassill sieht es anders.

Wilfried Biedermann, der stellvertretende Vorsitzende der AfD Bayern, lässt noch die beiden Anwälte aufstehen und beklatschen, die die Partei in der Verhandlung vertreten hat, dann ist sie dran: „Unsere Frauke Petry“, sagt Biedermann.

Im Publikum sitzt ein verurteilter Rechtsterrorist

Als sie ans Mikrofon tritt, flankiert von zwei stiernackigen Herren, sind die etwa 400 Sitzplätze im Saal komplett gefüllt und die ersten Maßkrüge schon komplett geleert. Warum die Partei den Hofbräukeller gewählt habe? „Weil der viel Platz bietet – und nicht, weil hier schonmal irgendwer gesprochen hat!“, ruft sie.

Irgendwer, das las man in den vergangenen Tagen ja schon des öfteren, ist Adolf Hitler. Der kann glücklicherweise an diesem Abend nicht erscheinen, dafür ist zum Beispiel Thomas Schatt da – er wurde verurteilt wegen Mitgliedschaft in einer rechtsterroristischen Vereinigung um um Martin Wiese und Karl-Heinz Statzberger. Ihr gemeinsamer Plan: ein Bomben-Anschlag 2003 bei der Grundsteinlegung fürs Jüdische Zentrum am Sankt-Jakobs-Platz .

Vor Tischen, auf denen Flyer mit der Frage „Keine Lust auf Einheitsbrei?“ unter einem Bild von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Sigmar Gabriels Kopf liegen, behauptet Petry, der Osten habe durch die Ostdeutsche Merkel durch die Hintertür den Sozialismus nach Deutschland exportiert.

Ansonsten gibt es nichts Neues von ihr: Es geht um die Europäische Union, um ihre Empörung über die Abschaffung des 500-Euro-Scheins, um die Verschiedenheit der Kulturen der Welt. Die Stimmung ist locker, Menschen lauschen, nicken, lachen über das sprachliche Bild von Horst Seehofer als Merkels Bettvorleger.

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„Ich bin hier wegen der Frauke Petry“, sagt ein älterer Mann mit großer Brille und kleinem Schnauzbart. „Weil die krass ist, die ist extrem. Und anders als extrem kommt man heute nicht mehr durch.“

Nach Petrys knapp einstündigen Vortrag, während dem man keinen Ton von den etwa 70 Gegendemonstranten vor dem Gebäude hört, stehen fast alle im Saal auf und klatschen frenetisch. „Ich werd ja ganz gern mal als die Eisprinzessin beschrieben“, sagt Petry darauf, „aber ich muss sagen, dass mich das jetzt wirklich rührt.“

Die Warteschlange von Fragestellern reicht durch den halben Raum, Petry nimmt sich Zeit für alle, erklärt den Unterschied zwischen jüdischem und muslimischem Schächten – Letzteres sei mit mehr Leid verbunden, weil es meist nicht so professionell gemacht werde – und erklärt es für „konsequent und fortschrittlich“, sich gegen Minarette und Muezzinrufe zu wehren.

Gegen 22.15 Uhr ist die Veranstaltung vorbei, die Innere Wiener Straße ist von der Polizei wieder freigegeben, es stehen nur noch vereinzelte Demonstranten auf dem Wiener Platz. Ein Polizeisprecher sagt, zwischen den Pegida-Anhängern („Gegen die Bunt-Stasi-Gastronomie“), den Gegendemonstranten („Nationalismus ist keine Alternative“) und der Polizei sei alles ruhig geblieben. „Es gab ein, zwei kleine Rangeleien, aber nichts Dramatisches.“ 120 Polizisten haben knapp 80 Menschen bewacht.

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