Adoptivmutter: "Ich habe auch keinen Hass"
München - Es sollte eine versöhnliche Geste werden. Die Adoptivmutter von Alexander H., der brutal mit einer Handkreissäge getötet wurde, will am Dienstag im Gerichtssaal die Hand der Angeklagten (32) ergreifen. Ein Justizbeamter hindert sie daran.
Die 69-jährige Ärztin, die in dem aufsehenerregenden Prozess als Nebenklägerin auftritt, erklärt dem Gericht, dass sie sich ein persönliches Gespräch mit Gabriele P. wünsche. Der Vorsitzende Richter Michael Höhne sagt, dies sei nach Ende der Verhandlung möglich. Aber nur, wenn die Angeklagte das auch wolle.
Nach Angaben ihrer Anwältin Birgit Schwerdt hat die Studentin der Waldorf-Pädagogik die Tötung ihres Lebensgefährten mit der Kreissäge gestanden. Doch ob sie sich dadurch eines Mordes schuldig gemacht hat, ließ die Verteidigerin offen. Das werde die Verhandlung zeigen müssen.
Adoptivmutter des Opfers fand Gabriele P. "angenehm und liebenswert"
Die Anwältin hatte für die Aussage von Gabriele P. zum Prozessauftakt am Montag erreicht, dass die Öffentlichkeit zum Schutz der Privatsphäre von Täter und Opfer ausgeschlossen wird. Bei der Aussage ging es vor allem um das Sexleben des Paares. Laut Staatsanwaltschaft stehen diese Sex-Spiele in engem Zusammenhang zur Tat.
Alexander H. war gefesselt, ihm waren die Augen verbunden, als ihn Gabriele P. im Dezember 2008 im Dachgeschoss ihres Haus in Haar mit der Kreissäge tötete und ihm danach den Kopf abschnitt. Die Adoptivmutter des Opfers sagt nun im Zeugenstand, sie habe die Angeklagte immer als "angenehm und liebenswert" und als "liebevollen Menschen" erlebt. "Ich habe auch keinen Hass", sagt die Frau, die das Opfer großgezogen hatte.
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Nur einmal bricht ihre Stimme kurz: Als sie dem Gericht erzählen soll, wie ihre beiden anderen Kinder auf die Nachricht vom Tod des Bruders reagierten. "Unserer Tochter geht es nicht gut", berichtet die Frau. Sie habe psychologische Hilfe annehmen müssen. Auch der Sohn, ein Arzt, habe zunächst Urlaub nehmen müssen, um die Nachricht zu verarbeiten. Jetzt gehe es ihm aber besser.
Die Angeklagte gaukelte vor, dass das Opfer durchgebrannt sei
Sie selbst erklärt, dass sie auch Erleichterung empfunden habe, als sie vom Tod ihres Sohnes erfuhr. Jahrelang habe sie sich Vorwürfe gemacht, sie sei schuld daran, dass ihr Sohn den Kontakt abgebrochen habe. Heute wisse sie: "Er hat sich nicht mehr gemeldet, weil er sich nicht melden wollte, sondern weil er sich nicht melden konnte."
Sie habe Gabriele P. angerufen, nachdem ihr Sohn verschwunden war. Die junge Frau gaukelte ihr vor, dass Alexander H. mit einer anderen Frau weggegangen sei. Tage nach seinem Tod kam noch ein Paket mit Weihnachtsgeschenken von ihm bei der Familie an.
Seine Leiche wurde erst 2016 gefunden. Offenbar hatte ein Bekannter von Christian K., dem neuen Freund der Angeklagten, die Geschichte der Polizei berichtet.
Gegen Christian K. und einen zweiten Helfer kommt es am 8. März zur Berufungsverhandlung. Die beiden Männer sollen die Leiche auf dem Grundstück in Haar vergraben haben. Wegen Strafvereitelung hatte sie das Amtsgericht zu Haftstrafen von über zwei Jahren verurteilt.