"Absurde Preise" in München: Immer mehr Angebote für möblierte Wohnungen
München - Großzügige Luxuswohnung", "eindrucksvolle, außergewöhnlich und exklusiv möblierte 3-Zimmer-Dachgeschoss-Maisonette", "top möbliert" oder "Premium-Apartment, voll möbliert" - das sind nur einige von zum Abrufzeitpunkt 217 möblierten Wohnungen in München auf dem Portal Immoscout24.
Die teuerste liegt bei knapp 6.000 Euro kalt für gut 200 Quadratmeter, die günstigste soll 670 Euro kalt für 28 Quadratmeter kosten.
Mietwohnungen in München: Mehr möblierte Angebote als noch vor 10 Jahren
Etwa 13 Prozent machen die möblierten Angebote bei dieser einen Wohnungssuche aus. Das ist weniger als bundesweit, wie eine Studie des Beratungsunternehmens Oxford Economics im Auftrag des Bundesjustizministeriums Anfang Juli ergab.
Demnach lag der Anteil der bereits voll ausgestatteten Wohnungen unter den Angeboten im Land im Oktober 2022 bei 27 Prozent. 2013 lag er noch bei 19 Prozent.

Eine Entwicklung, die SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert gar nicht schmeckt. "Der Satz 'Das regelt der Markt' stimmt in dieser Hinsicht – aber er regelt es systematisch zu Ungunsten der Mieter. Das ist die SPD nicht bereit zu akzeptieren", sagte er dem "Tagesspiegel".
Die Studienautoren von Oxford Economics vermuten zudem, dass angesichts einer hohen Fluktuation in möblierten Wohnungen die Ausweitung dieser Angebote eine Reaktion der Vermieter auf die Mietpreisbremse sei – denn die Vermietung von ausgestattetem Wohnraum fällt nicht unter die Preisbremse.
Kevin Kühnert für transparente Ausweisung von Nettokaltmiete und Möblierungszuschlag
Kühnert schlägt mietrechtliche Änderungen vor, nämlich eine transparente Ausweisung von Nettokaltmiete und Möblierungszuschlag sowie eine Deckelung dieses Zuschlags.
"Die Ausnahme bei der Mietpreisbremse führen dazu, dass immer mehr Mietwohnungen möbliert angeboten werden", sagt Adelheid Rupp, Landessprecherin der Linken in Bayern, der AZ. "Die Linke hat die durch die Ausnahmen zerlöcherte und unwirksame Mietpreisbremse immer kritisiert. Wir begrüßen, dass die SPD unsere langjährige Forderung nach einer Schärfung der Mietpreisbremse durch Streichung der Ausnahmen nun medial aufgreift."

Dies reiche aber nicht, um "die massiven Mietensteigerungen" in den Griff zu bekommen. "Wir brauchen endlich den bundesweiten Mietendeckel und mehr bezahlbaren Wohnraum durch öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungsbau." Kühnerts Parteigenossin Natascha Kohnen, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion in Bayern, sagt der AZ, sie sei "total happy darüber", dass Kühnert das Thema wieder angestoßen hat, auch wenn seine Vorschläge "nur ein erster Schritt" sein könnten.
Viele Vermieter wollten mit einer Möblierung die Mietpreisbremse umgehen, und mehr verlangen könne man auch: "Freiwild sind die Leute." Dass es dabei aber vor allem um Geringverdiener gehe, die die möblierten Wohnungen mieten, sei nicht ihre Erfahrung. Es seien aber dennoch "Leute, die in Not sind und dringend eine Wohnung brauchen", Studierende etwa. Letztlich treibe die Entwicklung generell die Mieten nach oben.
Vor allem in Märkten wie München: "Möblierte Wohnungen sind ein großes Problem"
Auch der Sozialverband VdK kennt die Misere mit den ausgestatteten Wohnungen. "Möblierte Wohnungen sind ein großes Problem, vor allem in Großstädten und für Menschen mit geringem Einkommen", sagt die Präsidentin Verena Bentele der AZ.
"Durch möbliertes Wohnen wird in angespannten Märkten wie in München dringend benötigter Wohnraum unbezahlbar, da die Mietpreisbremse für diese Wohnungen nicht greift." Was Bentele ebenfalls kritisiert: "Dazu kommt: Zwei Drittel aller Menschen, die eine möblierte Wohnung beziehen, weichen darauf nur aus, weil es keinen anderen Wohnraum gibt."

Die VdK-Präsidentin fordert das Bundesjustizministerium auf, aktiv zu werden: "Möblierte Wohnungen sollten genauso unter die Mietpreisbremse fallen wie alle anderen, gegebenenfalls könnten sie dann mit einem fairen Möblierungszuschlag angeboten werden."
"Der Anteil möblierter Wohnungen steigt auch in München stark an", sagt die Vorsitzende des Mietervereins München, Beatrix Zurek, der AZ. "Aktuelle Zahlen zeigen, dass 2021 fast ein Drittel der inserierten Wohnungen möbliert waren." Diese würden im Schnitt fast sechs Euro pro Quadratmeter teurer angeboten als nicht möblierte Räumlichkeiten. "Gerade bei kleinen möblierten Appartements werden geradezu absurde Preise aufgerufen."
Wie mit möblierten Wohnungen die Mietpreisbremse umgangen wird
Der Mieterverein befürworte daher Kühnerts Vorstoß. "Der Möblierungszuschlag ist derzeit ein willkürliches Instrument, das die Mieten explodieren lässt. Derzeit kann man mit möblierten Wohnungen die Mietpreisbremse umgehen, weil die Berechnung der zulässigen Nettokaltmiete nur kompliziert möglich ist. Der Zuschlag muss deswegen transparent ausgewiesen werden, damit man das geltende Gesetz überhaupt anwenden kann." Auch eine Deckelung des Zuschlags sein nötig, damit klar werde, dass Vermieter " für Möbel keine Phantasiepreise verlangen können".
Laut einer Studie des Hamburger Forschungs- und Beratungsunternehmens UB IGES Wohnen+Immobilien+Umwelt verteuerten sich Marktmieten für möblierte Wohnungen zwischen 2006 und 2020 um 78,2 Prozent, während die Preise für unmöblierte Wohnungen nur um 30,6 Prozent zulegten.
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