87 Euro pro Quadratmeter: Der Münchner WG-Wucher

München – Wer nicht viel Geld zum Wohnen und gern Gesellschaft hat, der zieht in eine WG. Da ist man nicht allein und zahlt auch weniger. Falsch.
Zumindest letzteres. Immer mehr Zimmer werden im Internet zu Wucherpreisen angeboten. Mit Quadratmeterpreisen von bis zu 87,50 Euro. Etwa auf dem Online-Portal „wg-gesucht“. Da gibt es zum Beispiel ein zehn Quadratmeter-Zimmer in der Au für 565 Euro warm im Monat, in Obergiesing sind für elf Quadratmeter 600 Euro fällig und am Westpark wären’s für 15 Quadratmeter dann 695 Euro. Pro Quadratmeter macht das zwischen 45 und 57 Euro. Noch teurer wird es in Schwabing. 15 Quadratmeter in der Bauerstraße 750 Euro. Zehn Quadratmeter in der Leopoldstraße? 875 Euro.
Natürlich kommen dazu noch Gemeinschaftszimmer wie Bad und Küche. Trotzdem: Rechnet man die Miete auf die Zahl der Mitbewohner und die Gesamtfläche der Wohnungen um, landet man oft bei Mieten deutlich über 20 und teils sogar über 30 Euro – weit über den Beträgen also, die im Mietspiegel stehen.
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Dazu kommt, dass bei den meisten Angeboten nicht angegeben wird, wie groß die Wohnung insgesamt ist. Die Interessenten können sich nicht ausrechnen, ob ihr Anteil an der Miete fair ist. In manchen Anzeigen verstecken sich auch Sätze wie dieser: „Ein Wohnzimmer inkl. Balkon würde für einen Aufpreis von 150 zur Verfügung stehen.“ Wie nett, in einer WG.
Immer wieder wird offensichtlich getrickst, etwa bei einer Wohnung in Trudering: Elf Quadratmeter sollen hier 590 Euro kosten. Erst weiter unten im Text steht, dass das Zimmer eigentlich nur neun Quadratmeter habe. Da steigt der relative Preis gleich von knapp 54 auf fast 66 Euro pro Quadratmeter.
Kann man bei diesem Portal Zimmer zu Wuchermieten inserieren, ohne dass geprüft wird, ob es sich um Abzocke handelt? Auf eine entsprechende Anfrage der AZ haben die Betreiber von „wg-gesucht“ bisher nicht geantwortet.
Klar ist: Auf dem Portal finden sich viele derart teure Angebote, dass dadurch der Wohnwahnsinn weiter angeheizt werden könnte. Immerhin: Es gibt auch viele vergleichsweise günstige oder zumindest faire Angebote.
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Anders ist das auf kleineren Portalen wie „WG-Cast“. Auch hier gibt es derart teure Angebote, etwa 12 Quadratmeter in Berg am Laim für 650 Euro, 14 Quadratmeter in Obermenzing für 750 Euro oder 17 Quadratmeter in Nymphenburg für 920 Euro. Der Anteil der Wucher-Angebote ist hier sogar noch höher, da das Portal insgesamt viel weniger Inserate hat als der Marktführer.
Das finden die Betreiber des Portals allerdings selbst nicht gut: „Wir verurteilen es, wenn einzelne Vermieter oder Untervermieter die Notsituation von Wohnungssuchenden in Verbindung mit der herrschenden Wohnraumknappheit bei steigendem Bedarf ausnutzen und Wuchermieten verlangen“, sagt Felix Klenk von „WG-Cast“.
Statistisch gesehen würden die Preise auf seinem Portal aber nur knapp über den Preisen von wg-gesucht liegen, nämlich bei durchschnittlich 28 statt 25 Euro pro Quadratmeter. Die Gesamtgröße der Wohnung und alle Extras (zum Beispiel Waschmaschine, Balkon, Putzdienst und so weiter) eingerechnet würden sich meistens Preise ergeben, die auf dem Niveau des Mietspiegels liegen.
Handeln will er trotzdem: „Wir werden prüfen, inwieweit sich ein technisches Feature integrieren lässt, das beim Überschreiten eines gewissen Preises pro Quadratmeter testet, ob zum Beispiel ein Wohnzimmer oder sonstige Räume zur Mitnutzung vorhanden sind.“ So könnten die Preise zumindest transparenter werden.
Dass es noch teurer geht, zeigen Angebote zur Zwischenmiete. Etwa bei einem Zimmer mit 16 Quadratmetern in Obersendling. Das soll 1300 Euro kosten. Nicht im Monat, sondern für drei Wochen im Herbst. Zur Wiesn. Aber das ist wieder ein anders Thema.