584 Millionen Miese: Stadt muss den Gürtel enger schnallen

In den nächsten Wochen sollen alle Ausgaben auf den Prüfstand. Neue Schulden hält Kämmerer Ernst Wolowicz trotzdem für unumgänglich – spätestens 2017.
von  Florian Zick
Im nächsten Jahr werde die Stadt sparen müssen, sagt Kämmerer Ernst Wolowicz (SPD).
Im nächsten Jahr werde die Stadt sparen müssen, sagt Kämmerer Ernst Wolowicz (SPD). © dpa

In den nächsten Wochen sollen alle Ausgaben auf den Prüfstand. Neue Schulden hält Kämmerer Ernst Wolowicz trotzdem für unumgänglich – spätestens 2017.

München - Braucht’s das wirklich alles? Neue Tunnel am Mittleren Ring, eine tiefergelegte S 8 und diese extrahübsch herausgeputzten Kulturtempel? Wenn es nach Kämmerer Ernst Wolowicz (SPD) geht, wird man einige Projekte streichen oder zumindest strecken müssen. Anders werde sich das Loch im Münchner Stadtsäckel nicht stopfen lassen.

Schon im kommenden Jahr klafft eine riesige Lücke im kommunalen Haushalt: Den ursprünglichen Planungen zufolge macht die Stadt 2016 etwa 584 Millionen Euro Miese. „Ganz auf Null werden wir das Defizit nicht bringen“, schätzt Wolowicz – und schwört die Stadt deshalb schon mal auf einen kleinen Sparkurs ein.

Die ersten Gespräche im Rathaus haben dazu bereits stattgefunden. Bis zum 17. November klopft eine Expertenrunde die Planungen aller städtischen Referate auf Einsparmöglichkeiten ab. Als Erstes wurde vergangenen Freitag das Schulreferat auf den Kopf gestellt – und da sind bereits einige Millionen aus dem Haushalt herausgepurzelt.

Um satte 60 Millionen Euro schlanker war das Referatsbudget nach den Gesprächen. Einen ähnlichen Effekt erwartet sich die Kämmerei nun auch bei den anderen Stadtministerien.

Lesen Sie hier: Loch im Haushalt - diese Projekte stehen auf der Kippe

Im Baureferat hofft Münchens Finanzchef Ernst Wolowicz auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Der Etat für den Bauunterhalt wurde heuer ohnehin nicht ausgeschöpft, das sollte also möglich sein. Bei den geplanten Investitionen lassen sich voraussichtlich 100 Millionen rausstreichen. Und auch das Personalreferat wird kommendes Jahr wohl deutlich kürzer treten müssen.

Das bedeutet indes aber nicht, dass bei der Stadt eine Entlassungswelle droht. In den vergangenen anderthalb Jahren wurden im Rathaus allerdings über 2800 neue Stellen geschaffen. Viele davon sind noch nicht besetzt – und nach Ansicht des Kämmerers würde die Stadt auch besser daran tun, diese Stellen überhaupt nie zu besetzen. Das würde ebenfalls einen erheblichen Millionenbetrag einsparen.

Mindestens 200 Millionen Euro will Wolowicz aus dem Haushalt streichen. Dadurch würde das Minus immerhin auf etwa 384 Millionen verkleinert. Was am Ende an Defizit übrigbleibt will er mit Rücklagen ausgleichen.

Die Stadt kann sich das durchaus leisten. In den vergangenen Jahren ist schließlich ein wahrer Geldregen auf München niedergegangen. Da ist bei aller Investitionswut immer auch noch einiges hängengeblieben.

Über 500 Millionen Euro an Finanzreserven ließen sich nach Angaben der Kämmerei kurzfristig locker machen. „2016 werden wir also noch gut über die Runden kommen“, sagt Ernst Wolowicz. Schwieriger wird es in den Jahren darauf.

Das grundlegende Problem dabei ist, dass München derzeit jedes Jahr um die Größe einer Kleinstadt wächst, die Einnahmen momentan aber noch nicht proportional mitwachsen. Das belastet die die kommunalen Kassen erheblich. Für 2017 geht Kämmerer Wolowicz deshalb von einer Neuverschuldung aus. „Es wäre schon ein Wunder“, sagt er, „wenn wir da drum herumkämen.“

Nach diesem Wunder sieht es aktuell aber nicht aus – im Gegenteil. Die Automobilbranche schwächelt, die Stadt erwartet kommendes Jahr deshalb geringere Einnahmen aus der Gewerbesteuer – und das war letztlich schließlich auch der Grund für die kleine Finanzkrise, in der sich München derzeit befindet.

Angesichts dieser Lage ärgert sich Wolowicz darüber, dass der Stadtrat seine Warnungen in der Vergangenheit zumeist in den Wind geschlagen habe. In 98 Prozent der Fälle habe sich das Stadtparlament gegen einen Sparkurs und fürs Geldausgeben entschieden. „Dieses Jahr müssen wir deutlich kritischer in die Haushaltsverhandlungen gehen“, fordert Wolowicz deshalb.

In der Opposition nimmt man diese Steilvorlage natürlich gerne auf. Es müsse endlich Schluss sein mit der „unbeschwerten Freibierpolitik“ der Großen Koalition, polterte gestern der Grünen-Chef Florian Roth. Von „unseriöse Finanzpolitik“ und „schwarz-rotem Finanzchaos“ ist die Rede. Neue Schulden seien mit ihm jedenfalls nicht zu machen, so FDP-Stadtrat Michael Mattar.

Der nächste Schlagabtausch ist für den 19. November geplant. Da werden die Finanzexperten der Fraktionen im Stadtrat dann ihre großen Haushaltsreden halten.

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