2G beim Friseur: "Wir rechnen mit dem Schlimmsten"
München – Promi-Friseur, das ist das eine. Doch neben bekannten Persönlichkeiten unter ihren Kunden pflegen die Schwestern Natalie (30) und Maxyne Lippert (29) in ihrem Salon Lippert's Friseure am Lenbachplatz vor allem die "Alle-Willkommen-Kultur", wie sie sie nennen.
"Ob schwul oder lesbisch, kariert oder getupft, jeder soll sich bei uns wohlfühlen", erklärt Maxyne der AZ. Das hat ihnen schon ihr Vater Wolfgang Lippert († 58), der den Laden aufgebaut und ihnen nach seinem plötzlichen Tod 2016 vererbt hat, so vorgelebt.
Das Problem: Ab Mittwoch gilt auch bei ihnen die 2G-Regel, wie in ganz München.
Ungeimpfte dürfen nicht mehr zum Friseur
Nur Genesene oder Geimpfte dürfen sich ab sofort die Haare waschen, schneiden, legen lassen. Die Ungeimpften müssen leider draußen bleiben.
Wie haarsträubend das die Unternehmerinnen finden? "Persönlich und geschäftlich finden wir 2G überhaupt nicht gut", sagen sie unisono zur AZ. "Es tut uns im Herzen weh, dass wir jetzt allen ungeimpften Kunden absagen müssen."
Was sie besser gefunden hätten: 3G Plus. "Ein PCR-Test ist am aussagekräftigsten", so Natalie. "Wir haben im Umfeld Impfdurchbrüche erlebt, weil sich viele Geimpfte in einer falschen Sicherheit wiegen und sehr umtriebig sind. Das Testen war ein guter Weg, hat wunderbar funktioniert. Wir haben das alle verinnerlicht - unsere 28 Mitarbeiter und die Kunden."
Lippert's Friseure wird überrannt: Angst vor dem Lockdown
Wobei sie bei den Azubis finanziell geholfen haben, als die Tests kostenpflichtig wurden. Auch ein paar Kunden blieben weg oder kamen seltener, weil ein Test etwa so viel wie ein Männerhaarschnitt gekostet hat. Wurden Sie zuletzt besonders von den Ungeimpften noch schnell aufgesucht?
"Wir werden gerade eh total überrannt", erzählt Maxyne. "Nicht nur von den Ungeimpften, von allen. Denn offenbar glauben sehr viele Münchner, dass es im Dezember, noch vor Weihnachten, wieder einen Lockdown geben wird."
Dabei wurde erst am Dienstag bekannt, dass Friseure selbst bei einer Inzidenz über 1.000 - anders als zunächst geplant - offen bleiben dürfen. Ob die Lippert-Schwestern das auch glauben? Da lachen sie kurz. "Galgenhumor", meint Maxyne. "Wir rechnen mit dem Schlimmsten", so Natalie. "Die Regeln ändern sich eh dauernd. Wenn die Zahlen durch die Decke gehen, müssen wir vielleicht doch wieder zusperren."
Die Größte Angst: Die Spaltung der Gesellschaft
Die beiden beugen deshalb finanziell vor, wollen nicht - wie beim letzten Mal - unvorbereitet in einen Lockdown gehen und über Nacht Kredite aufnehmen müssen.
Was ihnen auch Sorgen bereitet: die Spaltung der Gesellschaft. Natalie: "Die Menschen werden leider aggressiver - alle. Geimpfte verstehen nicht, warum sie ihr Leben nicht normal leben können, wo sie sich doch haben impfen lassen. Und Ungeimpfte werden ausgesperrt. Wo soll das nur hinführen? Wo bleibt das Wir-Gefühl?"
Zum Friseur? Was jetzt in München gilt
Für "körpernahe Dienstleistungen" gilt nun in ganz Bayern die 2G-Regel. Das bedeutet, dass nur noch Geimpfte oder Genesene einen Friseursalon besuchen dürfen. Befindet sich der Friseursalon in einem Hotspot-Gebiet in Bayern, gelten wiederum andere Regelungen - so hatte es bis Dienstag geheißen.
Ob ein Landkreis Hotspot-Gebiet ist, wird über die Sieben-Tage-Inzidenz definiert. Liegt die Kennzahl über 1000, hätten körpernahe Dienstleistungen schließen müssen, ein Friseurbesuch wäre dann gar nicht mehr möglich gewesen. München mit einer aktuellen Inzidenz um die 700 wäre ohnehin noch nicht darunter gefallen.
Doch der Landtag beschloss nach Kritik am Dienstag ohnehin eine andere Regel und Friseure und Kunden können vorläufig ein bisserl entspannen. Steigt die Inzidenz in München bald über 1000, bleibt zumindest bei den Friseuren alles wie schon ab Mittwoch. Sie dürfen öffnen - aber nicht für Ungeimpfte
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