2. Stammstrecke doch nicht teurer?

Das Unternehmen teilt mit: Die zweite Röhre wird vorerst doch nicht teurer. Verzögert sich der Bau aber, geht das ins Geld. Der Wirtschaftsminister begrüßt die „Klarstellungen“  
von  Julia Lenders

Das Unternehmen teilt mit: Die zweite Röhre wird vorerst doch nicht teurer. Verzögert sich der Bau aber, geht das ins Geld. Der Wirtschaftsminister begrüßt die „Klarstellungen“

MÜNCHEN Die Deutsche Bahn AG hat gestern gezeigt, dass sie sich neben dem Zugfahren auch auf eine andere Fortbewegungsart versteht – das Zurückrudern. Via Pressemitteilung teilte sie am Nachmittag mit: Der zweite Tunnel in München soll vorerst doch nicht teurer werden.

Zuvor hatte ein internes Papier, das an die Öffentlichkeit geraten war, für einigen Wirbel gesorgt. In dieser Auflistung war der Preis für die zweite Röhre mit knapp 400 Millionen Euro mehr als bisher angegeben (AZ berichtete). Die Bahn rechnete in dem Dokument mit einer Gesamtsumme von 2,433 Milliarden Euro – und überraschte damit nicht nur Verkehrsminister Martin Zeil. Ministerpräsident Horst Seehofer stellte gar ein Ultimatum und sprach von „totalem Aufklärungsbedarf“.

Das mit der Aufklärung zog sich am Montag bis zum Nachmittag hin. Dann versandte die Bahn an die Redaktionen eine sperrig formulierte Mail mit dem Betreff „Keine Kostensteigerung bei 2. Stammstrecke“. Die Projektkosten hätten sich nicht verändert, ließ sich DB-Vorstand Volker Kefer zitieren.

Wie erklärt die Bahn aber die Zahlen aus dem internen Papier? „Eventuelle zeitliche Verschiebungen etwa durch unerwartet langwierige Gerichtsverfahren“ könnten dazu führen, dass sich die jährliche Teuerungrate bemerkbar macht. Vorsorglich habe man deshalb „in einer extrem konservativen Abschätzung in den internen Finanzplanungen eine Inbetriebnahme erst Ende 2022 mit den damit verbundenen Preissteigerungen berücksichtigt“. Sprich: Die Bahn hat sich mal angeschaut, wie sich eine Verzögerung des Projekts preislich auswirken würde. Viel Lärm um nichts also?

Nicht ganz. Denn aller Voraussicht nach wird es nicht bei den anvisierten Kosten in Höhe von 2,047 Milliarden Euro bleiben. Schon jetzt gibt es nämlich eine (in dieser Summe nicht enthaltene) Verzögerung um ein Jahr, weil die Finanzverhandlungen so lange dauerten. Zeit ist Geld – das hat die Bahn ja selbst vorgerechnet. Allerdings hatten die Vertragspartner für den zweiten Tunnel auch von vornherein einen Risikotopf mit einem Volumen von 500 Millionen Euro vereinbart.

Angestrebt wird derzeit eine Inbetriebnahme Ende des Jahres 2020. Das Wirtschaftsministerium begrüßte „die Klarstellungen der Bahn“. Minister Zeil sagte: „Wir werden weiterhin streng darauf achten, dass wir beim Bau der zweiten Stammstrecke in keine finanziellen Risiken laufen.“ Zahlen, die in internen Sitzungen ins Spiel gebracht würden, seien noch keine Kostensteigerungen. Er versprach: „Ich werde die Öffentlichkeit als erster unterrichten, falls es den geringsten Anhaltspunkt für tatsächliche Kostensteigerungen geben sollte.“

Horst Seehofer stellte gestern nochmal klar, dass die Staatsregierung den neuen Tunnel weiterhin für ein wichtiges Infrastrukturprojekt hält, dabei aber kein finanzielles Abenteuer eingehen will. Auf die Frage, unter welchen Umständen er das Projekt beerdigen würde, sagte er am Rande der Klausur der CSU-Landesgruppe in Kreuth: „Wenn ich den Eindruck habe, dass das Gesamtprojekt nicht zu beherrschen ist.“

Unabhängig von der Kostenfrage ging die Kritik an den Tunnel-Planungen der Bahn weiter. Zur Erinnerung: Die Münchner Verkehrsgesellschaft hatte in einem Schreiben Fehler und Sicherheitsprobleme kritisiert – und forderte die Deutsche Bahn deshalb zum Umplanen auf. Jetzt meldete sich auch der Fahrgastverband „Pro Bahn“ zu Wort. Auch die Bahnhöfe Marienhof und Laim würden „unter schlechter Planungsqualität leiden“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Im direkten Vergleich der Umbauplanungen der MVG und der Deutschen Bahn zeigten sich massive Qualitätsunterschiede. Laut „Pro Bahn“ wäre es „daher durchaus zu überlegen“, ob der MVG die Planungsverantwortung für die Bahnhöfe übertragen werden könne. „Dies würde sicherlich zu einer besseren Planungsqualität und letztlich auch Kostenprognose beitragen“, meint Verbandsprecher Andreas Barth.

 

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