"Falsch geplant!" Brandbrief gegen die Bahn

Die MVG kritisiert die Stammstrecken-Entwürfe als unsinnig und sogar gefährlich – etwa im Fall eines Brandes oder eines Anschlags.
Julia Lenders |
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Wie wird die Münchner S-Bahn der Zukunft? Die MVG klagt, ihre Ideen seien „in keiner Weise betrachtet und gewürdigt worden“.
Petra Schramek Wie wird die Münchner S-Bahn der Zukunft? Die MVG klagt, ihre Ideen seien „in keiner Weise betrachtet und gewürdigt worden“.

München -  An den Planungen für die zweite S-Bahn-Stammstrecke gibt es heftige Kritik von unerwarteter Seite. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), eigentlich ein Befürworter des Projekts, sieht Fehler und Sicherheitsprobleme – und fordert die Deutsche Bahn deshalb zum Umplanen auf. Auf sieben Seiten erklärt das Unternehmen ausführlich, warum es „immer noch Einspruch gegen Teilplanungen” erhebt.

Die MVG wirft der Bahn vor, mit veralteten und unzureichenden Fahrgastprognosen zu arbeiten. Trotz mehrmaligen Einspruchs habe die Bahn das Jahr 2020 dafür ausgewählt. „Der Planungshorizont liegt damit vermutlich vor der Inbetriebnahme (!)”, heißt es in dem Schreiben, das im Dezember an alle Stadtratsfraktionen ging. „Das dürfte für eine Jahrhundertinvestition ziemlich einmalig sein.” Zumal aktuelle Fahrgast-Erhebungen ergeben hätten, dass die Prognosewerte für 2020 heute schon überschritten seien.

Insbesondere gelte das für den Hauptbahnhof, wo Pendler zwischen S- und U-Bahn umsteigen. Die Bahn würde die Fahrgastentwicklung unterschätzen. Was dazu führe, dass die Umsteige-Anlagen „falsch geplant” und „nicht ausreichend dimensioniert” seien. Starker Tobak. Doch damit nicht genug.

Die MVG kritisiert zudem, dass die Bahn als Spitzenstunde die morgendliche Rush Hour annimmt. Obwohl die betroffenen U-Bahnhöfe zur Hoch-Zeit am Nachmittag um bis zu 30 Prozent höher belastet seien.

Außerdem sei überhaupt nicht eingeplant, dass zusätzliche Fahrgäste von Bus oder Tram umsteigen.

Das Verkehrsunternehmen, zu dem U-Bahn, Bus und Tram gehören, betont in dem Wutbrief, dass es „die gesetzliche Verantwortung für die Sicherheit der Fahrgäste” in seinen Anlagen trägt. Verknüpfungen mit der zweiten Röhre müssten so gestaltet werden, dass „weiterhin ein sicherer und leistungsfähiger U-Bahnbetrieb möglich bleibt”. Auch im Falle einer Evakuierung.

Doch das sieht die MVG in der aktuellen Version der Planungen nicht als gegeben an. Was, wenn es brennt? Was, wenn es zu einem Anschlag käme? Dann kann ein überfüllter Bahnsteig zur Todes-Falle werden.

Dass die Bahn dieses Problem bisher zu unterschätzen scheint, zeigt auch folgender Kritikpunkt: Schon jetzt drängen sich in den Hauptverkehrszeiten die Fahrgäste am Hauptbahnhof. Trotzdem hält die Bahn laut MVG noch an ihren Plänen fest, eine Treppenanlage in der Mitte des Bahnsteigs zur U4/U5 zu errichten.

Die Münchner Verkehrsgesellschaft hat nun selbst neue Lösungsansätze entwickelt. Ob sie damit Gehör findet, muss sich aber erst zeigen. Bislang seien ihre vorgebrachten Bedenken „in keiner Weise betrachtet und gewürdigt worden”, beschwert sie sich in dem Schreiben.

Das hatte übrigens der CSU-Stadtrat Georg Kronawitter an die Presse gegeben. Für ihn scheinen die „DB-Planer von einer kräftigen Beratungsresistenz befallen zu sein”. Er fürchtet: „Die auch für den interessierten Laien schon heute erkennbaren Überlastungserscheinungen der U-Bahnsteige am Hauptbahnhof werden wohl noch deutlich verschärft werden, wenn die DB-Planung so realisiert wird.”

Ein Bahnsprecher sagte am Freitag zur AZ: „Wir werden prüfen, was die MVG da an-bringt.” Über das Thema werde seit längerem gesprochen. „Wir sind noch nicht am Ende des Weges angekommen.”

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