US-Strafzölle: Dunkle Wolken über der deutschen Industrie

US-Präsident Donald Trump macht mit den Strafzöllen ernst – und trifft die Konzerne in Deutschland damit wohl härter, als es zunächst scheint. Fast alle großen Unternehmen sind abhängig von Exporten.
von  Julia Sextl
Fast alle großen deutschen Unternehmen - auch BMW - verkaufen ihre Produkte auf dem amerikanischen Markt und machen damit hohe Umsätze.
Fast alle großen deutschen Unternehmen - auch BMW - verkaufen ihre Produkte auf dem amerikanischen Markt und machen damit hohe Umsätze. © dpa

München, Berlin - Die USA schotten sich ab. Denn Präsident Donald Trump lässt nun Strafzölle verhängen. Gestern unterschrieb er die entsprechende Proklamation: Die weltweiten Einfuhrzölle in die USA betragen auf Stahl nun 25 Prozent und auf Aluminium 10 Prozent. Ausgenommen sind zunächst nur die Nachbarn Mexiko und Kanada.

Gleichzeitig attackierte Trump die deutsche Regierung und warf ihr vor, zu wenig für die Verteidigung auszugeben. "Wenn man sich die Nato anschaut, wo Deutschland ein Prozent zahlt und wir zahlen 4,2 Prozent von einem viel größeren Bruttoinlandsprodukt, das ist nicht fair." Den Vorschlag für Strafzölle auf Metalle begründet er damit, dass diese Güter für Jobs in der Rüstungsindustrie zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit wichtig seien.

Jene Strafzölle hätten großen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft : "Niemand hat dieses Papier bislang gesehen", sagte EU-Kommissionsvizepräsident Jyrki Katainen gestern in Brüssel. Die Unsicherheit ist groß, besonders in der Autoindustrie. Sollte die EU Vergeltungszölle beschließen, "dann belegen wir ihre Autos mit einer Steuer von 25 Prozent - und glaubt mir, dann machen sie es nicht sehr lange", hatte Trump in einer seiner Drohungen gesagt (AZ berichtete).

So wären Porsche und Audi von Strafzöllen stark betroffen: Die VW-Töchter betreiben bisher kein eigenes Werk in den USA. Alle Fahrzeuge, die Porsche in die USA importiert, stammen aus Deutschland.

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Audi wiederum produziert in Mexiko seinen "Q 5" für den Weltmarkt. Trump hatte angekündigt, für Waren aus Kanada und Mexiko möglicherweise eine Ausnahmeregelung zu finden und dafür zunächst keine Strafzölle erheben zu wollen. Darauf hofft auch BMW. Die Münchner bauen momentan ein Werk in Mexiko, das 2019 eröffnen soll. Dabei hatte Trump den Münchnern kürzlich noch mit Strafzöllen von 35 Prozent bei Einfuhren aus Mexiko gedroht.

Video: Strafzölle - Trump stößt die Welt vor den Kopf


BMW-Vorstandschef Harald Krüger sagte der "BamS" kürzlich, gegebenenfalls würde der Konzern die Strafzölle durch Produktionsverlagerungen umgehen. Bisher exportiert das deutsche Werk einen vergleichsweise hohen Anteil seiner Fahrzeuge in die USA. Doch BMW könne bei der Produktion sehr flexibel reagieren, so Krüger. So werde der 3er BMW nicht nur in München, sondern auch in Mexiko und China gebaut. Im US-Werk in Spartanburg werden derzeit die SUV-Modelle "X3" bis "X6" hergestellt.

USA größter Einzelmarkt für Deutschland

Doch nicht nur die Autobauer wären durch Trumps Strafzölle gefährdet. Die USA sind der größte Einzelmarkt für Produkte "Made in Germany". Im vergangenen Jahr wurden Waren im Wert von 111,5 Milliarden Euro dorthin exportiert. Neben Autos sind vor allem deutsche Maschinen und pharmazeutische Produkte gefragt. Sollten die USA die Strafzölle ausweiten, hätte dies gravierende Auswirkungen. Denn: Fast alle Dax-Konzerne sind von den USA abhängig - teils in erschreckendem Ausmaß, ermittelte die "Welt" auf Grundlage von Zahlen der Nachrichtenagentur Bloomberg. So seien beispielsweise die USA-Geschäfte des Medizinspezialisten Fresenius Medical Care für fast drei Viertel seiner Umsätze verantwortlich.

Die deutsche Stahlindustrie liegt bei einem Export-Wert von gut einer Milliarde Euro . Aluminium und Waren aus dem Leichtmetall - auch von Trumps Ankündigung betroffen - kamen Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge sogar nur auf rund 576 Millionen Euro.

Folgen der US-Strafzölle: Überangebot in Europa

Die Folgen könnten beträchtlich sein: Wenn die USA den Zugang zu ihrem Markt weltweit erschweren, werden sich nicht-amerikanische Firmen andere Absatzmärkte suchen. Zum Beispiel den europäischen Markt, der viele Handelsvorteile bietet. Die Folge wäre ein Überangebot an Waren, etwa an Stahl. Die Preise und die Umsätze der Unternehmen würden sinken. "Die US-Zölle nähren die Unsicherheit. Dies wird das Geschäftsklima belasten, in außenhandelsorientierten Ländern wie Deutschland mehr als in den USA selbst", sagt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Neue Freihandelsverträge, die dem Welthandel Schwung geben könnten, werden angesichts der Abschottung heimischer Märkte unwahrscheinlicher. Das Risiko, dass es zu einem weltweiten Handelskrieg komme, sei deutlich gestiegen, sagt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. "Der Zollwettlauf der 30er Jahre mit dem Zusammenbruch des Welthandels ist dafür ein warnendes Beispiel."

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