Stromtrassen-Ärger: Wenn der Strom fehlt

Bayerns Haltung in der Energiepolitik sorgt für Verwirrung. Doch welche Möglichkeiten hat der Freistaat, um an genug Strom zu kommen? Könnte man auf die Trasse verzichten?
N.Lebkuchen |
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München -  Horst Seehofer ist wild entschlossen: Mit den geplanten Stromtrassen soll erst einmal abgewartet werden. Doch gibt es zur Stromautobahn überhaupt Alternativen?

Kann Bayern einfach auf die Stromtrassen verzichten? Nicht denkbar, findet der Erlanger Energieexperte Matthias Luther. Es gebe keine Alternative. Die Meinung vieler Experten: Ohne die weitergeleitete Energie aus dem windreichen Norden gehe es vor allem für den industriereichen Süden nicht.

Was wären die Folgen? Die Versorgungssicherheit für Strom könnte nicht gewährleistet werden. Im schlimmsten Fall kommt es zu Stromausfällen. Die erste Bewährungsprobe steht bald an. 2015 soll in Bayern das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld abgeschaltet werden. Bis jetzt ist noch unklar, wie mögliche Engpässe ausgeglichen werden sollen. Die bayerische Staatsregierung will mit einem neuen Gaskraftwerk die Versorgungssicherheit erhöhen. Bayern sollte nicht auf Produzenten andernorts angewiesen sein, so Wirtschafts- und Energieminister Ilse Aigner (CSU). Die Bundesnetzagentur sieht das aber anders.

Wer wehrt sich gegen Seehofers Pläne? Kurz vor den Kommunalwahlen in Bayern schlägt sich Seehofer auf die Seite der Trassen-Gegner. Doch damit zieht er vor allem auch den Ärger der Industrie auf sich, für die eine sichere Stromversorgung überlebenswichtig ist. Bereits letztes Jahr sagte Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK): „Eine instabile Strom- und Gasversorgung bis hin zu Blackouts können wir uns in Bayern auf keinen Fall leisten.“

Lesen Sie hier: Was die politischen Gegner zu Seehofer sagen

Die Angst vor einem „Rückgang der Industrialisierung“ geht um. Detlef Fischer, Geschäftsführer der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW), drückte es so aus: „Man kann vor allem den wirtschaftlich erfolgsverwöhnten Bayern nur wünschen, dass sie rasch aufwachen von ihrem Traum, eine Energieversorgung aufbauen zu können, die maßgeblich nur auf heimischen erneuerbaren Energien beruht.“

Was ist mit der Windkraft in Bayern? Die Windkraft in Bayern macht derzeit rund 1,5 Prozent der erneuerbaren Energien aus – im Norden Deutschlands ist es eben windiger. Seehofer tritt auch hier auf die Bremse: Er will den Abstand zwischen Windrädern und Ortschaften erhöhen. 1000 bis 1500 neue Windräder sollten in Bayern gebaut werden – ob das geschieht, ist fraglich.

Sonstige Alternativen? In Bayern ist die Wasserkraft der bedeutendste erneuerbare Energieträger bei der Stromerzeugung, danach Sonnenenergie und Biomasse. Die gesicherte Leistung bei Photovoltaikanlangen liege bei Null, so Experte Luther: Weil nachts eben keine Sonne scheine. Die Förderung der für Bayern wichtigen Biomasse will Bundesenergieminister Sigmar Gabriel (SPD) kürzen. Klar ist: Ganz alleine kann Bayern den Verzicht auf die Atomenergie wohl nicht packen. Würde Bayern wirklich auf die großen Stromtrassen verzichten, wären neue Kraftwerke im Freistaat nötig, so Luther.

Warum keine Erdverkabelung? Den Stromtrassengegner sind die 70 Meter hohen Strommasten ein Dorn im Auge. Als Alternative schlägt auch Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich die Erdverkabelung vor. Doch die ist umstritten: Bei Hochspannungsleitungen gibt es noch relativ wenige Erfahrungswerte. Dazu kommt, dass für Trassen von mehreren hunderten Kilometern die sogenannten Freileitungen geeigneter sind, da sie einfacher zu installieren sind.

Bei Erdverkabelungen, so Armin Schnettler, Leiter des Instituts für Hochspannungstechnik an der RWTH in Aachen über die Erdverkabelung, seien die Übergänge technisch kompliziert. Es bestehe „ein hohes technisches Risiko bis zum Stromausfall.“ Darüber hinaus könnte eine Erdverkabelung bis zu zehnmal teurer werden als die Freileitungen. Bezahlen müsste das der Verbraucher, denn die Netzausbau-Kosten werden auf die Netzentgelte und den Strompreis umgelegt.

 

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