Sparkassen drohen mit Strafzinsen - 8 Fragen, 8 Antworten

Das Filialnetz hat das Institut bereits stark ausgedünnt. Nun könnten auf lange Sicht auch Negativzinsen private Kunden treffen. Die Pläne des Geldhauses und was der Präsident fordert.
von  Jörn Bender, Otto Zellmer
Hält die EZB an ihrer Politik fest, könnte das laut Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon drastische Folgen für Kunden haben.
Hält die EZB an ihrer Politik fest, könnte das laut Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon drastische Folgen für Kunden haben. © dpa/AZ

Auf dem Sparkonto gibt es schon lange nur noch mickrige Zinsen – wenn überhaupt. Zahlen Privatkunden der Sparkasse nun auch noch mit Strafzinsen die Zeche für den EZB-Kurs? Ausschließen will das die Sparkasse nicht mehr, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, gestern beim Sparkassentag.

Welche Rolle spielt die Niedrigzinsphase?

Sparkassen verdienten lange gut, für Kredite mehr Geld zu kassieren als sie ihren Kunden an Zinsen fürs Sparen zahlten. Doch die Differenz, der Zinsüberschuss, wird kleiner, weil die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins auf Null gesenkt hat. Sorge bereitet zudem, dass immer mehr Kunden Gelder kurzfristig parken – während bei Krediten lange Laufzeiten gefragt sind. Steigen die Zinsen wieder, könnten Kunden Einlagen abziehen.

Wie reagieren Banken und Sparkassen auf das Zinstief?

In der gesamten Branche wird an der Gebührenschraube gedreht – wie kürzlich auch bei der Stadtsparkasse München (AZ berichtete). „Die Zeit von weiten Angeboten kostenloser Kontoführung ist aus meiner Sicht vorbei“, sagte Fahrenschon. „Wir werden Leistungen bepreisen müssen – und zwar verursachergerecht.“

Lesen Sie hier: Stadtsparkasse München: Was sich jetzt ändert

Müssen Privatkunden jetzt tatsächlich mit Strafzinsen rechnen?

Noch scheut sich die Branche davor, die Parkgebühr, die ihnen die EZB aufgebrummt hat, an Privatkunden weiterzureichen. Doch gestern schloss Fahrenschon Negativzinsen nicht mehr aus. Wenn die Niedrigzinsphase lange andauere, würden die Sparkassen die Kunden nicht davor bewahren können, meinte er.

Wie sieht die Praxis aus?

Die Sparkasse Oberhausen schreckte Mitte März mit der Ankündigung auf, sie schließe Strafzinsen für reiche Privatkunden nicht mehr aus. Betroffen wären aber nur Kunden, die Geldbeträge im siebenstelligen Bereich anlegen wollen, erklärte ein Sprecher.

Was fordert Fahrenschon?

Der Sparkassen-Präsident appelliert an die Politik, mehr für die Vermögensbildung von Geringverdienern zu tun.

„Über 60 Prozent unserer Privatkunden haben monatlich nichts mehr übrig, um Rücklagen zu bilden“, warnt Fahrenschon. Wer Wohlstand tatsächlich für alle wolle, müsse den Betroffenen helfen, für das Alter vorzusorgen.

Hat die Bankfiliale überhaupt noch Zukunft?

Immer mehr Kunden wickeln immer mehr Bankgeschäfte digital ab. Flächendeckende Filialnetze werden zum Kostenfaktor.

„Der Kunde geht nicht mehr in die Geschäftsstelle“, konstatierte der bayerische Sparkassenpräsident Ulrich Netzer. Inzwischen komme ein Kunde im Schnitt nur einmal pro Jahr in eine Filiale.

 

Der Verband rechnet mit einer weiteren Ausdünnung des engmaschigen Netzes. Die Sparkassen in Bayern etwa haben bereits angekündigt, in diesem Jahr bis zu 220 ihrer 2200 Geschäftsstellen zu schließen (AZ berichtete).

Ist der Sparkassenberater ein Auslaufmodell?

Ganz aufgeben wollen die Institute ihre Präsenz in der Fläche nicht. „Wir werden die Filialen am Ende immer unter zwei Überschriften prüfen: Der Kunde erwartet noch mehr Beratung sowie Know-how. Die reine Abwicklung gehört immer stärker der Vergangenheit an“, so DSGV-Präsident Fahrenschon.

Zahlt dann der Bankkunde die Zeche für das Zinstief?

Ein Trost: Völlig freie Hand haben die Institute beim Thema Gebühren nicht – gerade in einem so umkämpften Markt wie Deutschland. „Wer zu stark an der Gebührenschraube dreht, wird angesichts des starken Wettbewerbs Kunden verlieren“, erklärt Verbraucherschützer Frank-Christian Pauli. Die niedrigen Zinsen haben auch Vorteile für Verbraucher: Kredite, etwa für die Baufinanzierung, sind aktuell günstig zu haben.

 

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