Roche hat kein Azubi-Problem! Kaum noch Azubis: Ist das duale System am Ende?
Christina Edenhofer (17) wirkt für ihr Alter sehr aufgeräumt. Sie hat ihre blonden Haare zu einem Zopf gebunden und trägt eine graue Latzhose. Viele in ihrem Alter drücken die Schulbank oder wollen noch nicht an Arbeit denken. Christina hat sich vor einem Jahr für eine Ausbildung entschieden, als Chemikantin bei Roche. Sie arbeitet am Biotechnologie-Standort in Penzberg.
"Die Wahl für Roche fiel mir leicht, da ich hier aus der Gegend bin und das Unternehmen bei uns sehr bekannt ist", sagt Christina, die aus Habach stammt, 14 Kilometer von Penzberg entfernt.
Christina Edenhofer ist bei Roche Auzubildende
Sie schaut aus dem Fenster und blickt auf das riesige Areal des Biotech-Unternehmens. 60 Fußballfelder ist es groß. Vor den Gebäuden stehen knallrote Fahrräder. "Zu Fuß wären die Wege zu weit und es würde zu lange dauern", erklärt Christina. Penzberg ist für Roche ein Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionszentrum, der Pharma-Gigant bildet hier viele Menschen in naturwissenschaftlichen Berufen aus.
In Penzberg beschäftigt Roche derzeit 5.800 Mitarbeiter. Dort werden vor allem Wirkstoffe für Krebserkrankungen erforscht und hergestellt sowie Diagnosesysteme. "Das ist eine extra Motivation für mich", sagt Azubi Christina. "Dadurch weiß ich einfach, dass ich mit meinem Tun Menschen helfen kann. Dadurch ist man noch viel motivierter und engagierter."
Nur noch 1,22 Mio. Azubis in Deutschland
So wie Christina geht es aktuell vielen Jugendlichen, die am 1. September ihre Ausbildung begonnen oder fortgesetzt haben. Derzeit machen knapp 1,33 Millionen Menschen in Deutschland eine Lehre. Tendenz: abnehmend. Während die Zahl der Beschäftigten von 1999 bis 2015 um 12,1 Prozent gestiegen ist, sank die der Auszubildenden um 400.000 (6,7 Prozent). Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Studenten um eine Million erhöht.
Das ist einer der Haupt-Gründe für den Azubi-Schwund. Zudem haben die steigenden Abiturientenzahlen die Ansprüche der Arbeitgeber in die Höhe getrieben. Wenn Unternehmen Stellen oder Ausbildungsplätze besetzen, vergeben sie diese bevorzugt an die höchstqualifizierten Bewerber. Hauptschüler werden oft benachteiligt.
Kleine Betriebe finden keine Auszubildenden
Vor allem kleinere Betriebe haben Probleme, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Die Zahl ihrer Beschäftigten nahm seit 1999 um 3,2 Prozent ab, die ihrer Azubis jedoch um ein Drittel.
Die duale Ausbildung als Auslaufmodell? Bei Roche nicht, da der Konzern mit drei Lehrstellen-Angeboten auf das duale System setzt. Neben der Ausbildung zum Chemikanten können Jugendliche die Lehre zum Biologie- oder Chemielaborant anstreben.
Für Azubis bei Roche ist auch Stefan Bleicher (43) verantwortlich. Der Ausbilder trägt eine Brille und einen weißen Kittel. "Bisher haben wir jedes Jahr insgesamt etwa 90 neue Lehrlinge aufgenommen, dieses Jahr aber nochmals mehr", sagt Bleicher.
Mehr Azubis bei Roche
Ab diesen September habe der Konzern die Zahl aber erhöht. "Bei der Chemikanten-Ausbildung starten etwa 22 statt zwölf Auszubildende", erklärt Bleicher. "Daran sieht man, dass für uns die Ausbildung weiter sehr wichtig ist."
Das ist dringend notwendig, da vor allem Großbetriebe im Verhältnis zu ihrer Mitarbeiterzahl am wenigsten ausbilden, obwohl sie genug finanzielle Mittel, Personal und Know-how hätten.
Christina versteht die Diskussion nicht. "Meine Lehre ist sehr vielfältig. Wir dürfen in jeden Bereich hineinschnuppern. Dazwischen haben wir Blockunterricht, das ist eine gute Abwechslung“, sagt Christina. Besonders freut sie sich auf das letzte Ausbildungsjahr. "Da fährt mein Jahrgang nach Basel, wo Roche auch eine Zentrale hat. Wir werden da ein einwöchiges Praktikum absolvieren."
Leider kann nicht jeder Betrieb solche Anreize für ihre Azubis setzen.
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