München: Die Digitalisierung der Welt schreitet voran

Das Internet wird immer mehr zum unentbehrlichen Medium für immer mehr Alltagsbereiche. Nicht nur, dass wir im stillen Kämmerlein über die sozialen Netzwerke im Web in ständigem Kontakt mit Freunden und Verwandten sind. Auch Alltagsgeschäfte wie Einkaufen, Banküberweisungen tätigen oder die Planung und Buchung von Urlaubsreisen werden zunehmend per Internet abgewickelt.
von  az
Ist Rosenheim der Ausgangspunkt für die Digitalisierung der Welt?
Ist Rosenheim der Ausgangspunkt für die Digitalisierung der Welt? © Tomnex|Dreamstime.com

München - Sogar die ureigenste Lieblingsbeschäftigung der Deutschen, das Fernsehen, wird immer häufiger über das Internet praktiziert. Laut einer Onlinestudie der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF sahen 2015 30 Prozent der befragten Online-User zumindest gelegentlich Fernsehsendungen live im Internet. So langsam werden die Konsequenzen sichtbar, die sich daraus für die „reale Welt“ ergeben. Die Klagen der Betreiber von Präsenzgeschäften bezüglich eines Mangels an Kunden werden immer lauter. Zur Erinnerung: Präsenzgeschäfte sind diejenigen, die noch persönlich aufgesucht und durch eine Öffnung im Mauerwerk, genannt Tür, betreten und verlassen werden. Der Warenkorb muss noch vor sich hergeschoben werden und an der Kasse wird Ihnen unweigerlich ein Mensch begegnen.


                                                                                                            Bildquelle: Eigene Darstellung

Auch die Kreissparkasse München muss sparen

Fastfood-Ketten wie McDonalds oder Burger King haben aktuell noch nicht unter dem Internet-Hype zu leiden. Die Marktforscher Dr. Grieger & Cie. haben auf grieger-cie.de eine Studie zu Lebensmittel-Lieferservices veröffentlicht. Demnach ist die Gastronomie im Gegensatz zu anderen Branchen noch eine letzte Bastion, in der der stationäre Handel überwiegt. Essen will der Deutsche dann doch nicht allein im stillen Kämmerlein. Das Problem der Warmhaltung der Speisen und der Mangel an Geselligkeit sind die Hauptgründe dafür, dass der Restaurantbesuch nach wie vor dem Gastro-Lieferservice vorgezogen wird. Bei den Banken sieht das schon anders aus.

Die Kreissparkasse München hat jetzt angekündigt, ihr Filialnetz merklich auszudünnen und bis Mitte 2016 rund 20 Filialen zu schließen. Während ein Sparkassenkunde eine real existierende Filiale aufsucht, haben schon 108 Online-User die Internet-Filiale bequem von Zuhause angeklickt. Gar 192 Kunden haben in dieser Zeit Kontakt mit der Sparkasse über die App für mobile Endgeräte hergestellt. Konsequenz dieser Entwicklung ist unter anderem die geplante Streichung von 220 Stellen bei der Kreissparkasse München in den kommenden Jahren. Zudem werden neue Konzepte durchdacht, um weiter Kosten zu sparen. Auch wenn die Entscheidung darüber erst Ende des Jahres fallen soll, über eine Fusion der Sparkassen Garmisch-Partenkirchen, Schongau und Weilheim zu einer gemeinsamen Sparkasse Oberland denken die betreffenden Institute schon heute nach.


                                                         

Auf dem Finanzmarkt boomen Online-Kredite

Bei der Vergabe von Privatkrediten ist der Gebrauch des Internets inzwischen am deutlichsten zu beobachten. Kreditvergleichsportale und die Webauftritte von Kreditvermittlern haben dafür gesorgt, dass heute kaum noch ein Kredit direkt in der Bank vergeben wird. „Die Digitalisierung des Finanzmarkts hat dazu geführt, dass Kredite immer mehr online abgeschlossen werden.“, sagt ein Finanzexperte von smava.de. Sogar Personen mit negativen Schufa-Einträgen, unregelmäßigem Einkommen oder ungewöhnlichen Finanzierungsvorhaben können in Kredit-Börsen trotzdem Kredite von privaten Geldgebern erhalten.

Das sind sogenannte Peer-to-Peer-Kredite. Der englische Begriff „peer“ bezeichnet in der Regel eine Person gleichen Alters, mit gleichem Status oder mit gleichen Fähigkeiten. Im Falle eines Peer-to-Peer-Kredits bezeichnet „peer“ also ein Kreditgeschäft zwischen zwei Personen mit dem gleichen Status einer Privatperson innerhalb des Modells Family & Friends. Ein weiteres Modell dieser Kreditform ist die des Online-Marktplatzes, bei dem sich Unternehmen gegenseitig Kredite gewähren. Damit schwindet den Banken natürlich eine weitere Einnahmequelle. Das niedrige Zinsniveau ist ein weiterer Grund, der Banken zum Kostensparen zwingt.

Netzarchitekten bauen fleißig an der Zukunft des Internets


                                                                                                              Foto: Kelvintt/Dreamstime.com
 

Noch müssen wir online gehen, um ins Internet zu gelangen. In Zukunft wird das Internet als Institution jedoch mehr und mehr aus dem Bewusstsein verschwinden, vielleicht vergleichbar mit dem Strom, an den wir auch nicht mehr denken, wenn wir das Licht einschalten. In Fachkreisen spricht man vom „Internet der Dinge“. Die Digitalisierung wird weiter voranschreiten und immer mehr Dinge werden mit digitalen Schnittstellen ausgestattet. Dinge werden eigene IP-Adressen bekommen und werden selbst handlungsfähig. Die Beziehungen zwischen den Menschen werden sich mehr zu Beziehungen zwischen Mensch und Maschine verlagern.

Und auch die Beziehungen zwischen Maschine und Maschine werden zunehmen, wenn Maschinen andere Maschinen kontrollieren und durch diese Interaktion selbst Entscheidungen treffen. Aber wer sind die Leute, die gewissermaßen als Netzarchitekten fungieren und die Entwicklung des Internets beeinflussen? Sie sitzen unter anderem im kalifornischen Palo Alto und arbeiten im Palo Alto Research Center (PARC). Es sind die Entwickler der ersten Stunde wie beispielsweise Van Jacobson, der Ende der 80er Jahre den nach ihm benannten Algorithmus zur TCP/IP-Flusskontrolle revidierte und das Internet so vor dem Stau-Kollaps bewahrte. Aber auch die EU-Generaldirektion für Informationsgesellschaft und Medien unter Vorsitz des britischen EU-Beamten Gregory Paulger bastelt fleißig mit.

Im letzten Forschungsrahmenprogramm hat die Institution bisher 94 Projekte mit einem Volumen von mehr als 400 Millionen Euro auf den Weg gebracht, die sich künftigen Entwicklung des Internets widmen, an denen über 500 Unternehmen und Forschungseinrichtungen beteiligt sind. Auf heise.de ist eine Auswahl weiterer Projekte aufgelistet, die sich mit der Zukunft des Internets beschäftigen.

Fazit

Der Normalverbraucher kann momentan nicht überschauen, wohin die Digitalisierung unserer Gesellschaft führt. Das erzeugt auch Ängste. Dritte können immer mehr Informationen über uns sammeln, je mehr wir unseren Alltag digitalisieren und je mehr Kommunikation über das Internet erfolgt. Die Frage nach dem Schutz der persönlichen Daten wird zunehmend gewichtiger. Verbraucherschützer befürchten den Verlust der individuellen und kollektiven Autonomie. Befürworter halten dagegen, dass dieser Prozess auch mit einer gesellschaftlichen Emanzipation verbunden sein wird.

Das Verhältnis zwischen Gewinn und Verlust, also die Beantwortung der Frage, wie viel wir durch die Digitalisierung gewinnen und wie viel wir verlieren werden, kann derzeit niemand beantworten. Deshalb sollten wir alle die Entwicklung aufmerksam verfolgen.

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