Job-Sorgen bei VW-Mitarbeitern
Wolfsburg - Bei Volkswagen bangen Beschäftigte wegen der Abgas-Affäre zunehmend um ihre Arbeitsplätze. Betriebsrat und Eigentümer appellierten heute bei einer Betriebsversammlung am Wolfsburger Stammsitz an die Belegschaft, nicht den Mut zu verlieren.
"Niemand darf den Kopf in den Sand stecken", sagte VW-Aufsichtsrat Wolfgang Porsche bei der nicht öffentlichen Veranstaltung laut Redetext, der der Deutschen Presse-Agentur in Auszügen vorliegt.
"Niemand darf glauben, dass der Abgas-Skandal wie ein Gewitter vorbeizieht und danach wie aus heiterem Himmel wieder schönes Wetter kommt." Der Konzern könne die schwere Krise aber meistern: Mit einem konsequenten Handeln werde VW den Weg aus "dieser Lage finden".
Zu der zweiten Betriebsversammlung seit Ausbruch des Diesel-Debakels im September kamen nach Betriebsratsangaben bis zu 20 000 Mitarbeiter. Teilgenommen haben auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und der komplette Vorstand um VW-Chef Matthias Müller.
Große Job-Sorgen bei Betriebsversammlung
Überschattet wurde das Treffen von wachsenden Arbeitsplatzsorgen. "Seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals sind beinahe elf Wochen vergangen. Ich kann Euch nur sagen: Das waren genauso wie für Euch auch für mich elf harte Wochen", betonte Betriebsratschef Bernd Osterloh.
Bei vielen Mitarbeitern seien die Sorgen zuletzt nicht kleiner geworden. Doch es gebe auch Gründe für Zuversicht. So habe der Konzern für einen Großteil der in Europa zugelassenen Dieselwagen mit Betrugs-Software inzwischen technische Lösungen präsentiert.
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Vor allem Leiharbeiter mit Zeitverträgen fürchten um ihre Zukunft bei VW. Auch die Ankündigung, dass die rund 120 000 festen Beschäftigten im VW-Haustarif auf die sonst üblichen üppigen Bonuszahlungen verzichten müssen, belastet die Stimmung - ebenso wie der Beschluss verlängerter Weihnachtsferien mit längeren Produktionspausen.
"Es ist natürlich schade, dass man den Bonus nun nicht bekommt", sagte ein VW-Mitarbeiter der dpa. Es sei zwar eine Frage der Zeit gewesen, bis die Ausschüttung - zehn Prozent des operativen Ergebnisses der Pkw-Kernmarke - auch wieder einmal geringer ausfalle. "Aber dass das jetzt aufgrund solcher Umstände passieren muss, ist schon extrem bedauerlich. Da gibt es schon eine gewisse Wut."
Hoffen auf Erhalt des Arbeitsplatzes
Die Solidarität mit den Leiharbeits-Kollegen sei groß: "Das ist menschlich nicht schön." Man müsse aber bedenken, dass Kürzungen hier in Zeiten nachlassender Aufträge ein ganz normales Instrument seien.
Ein anderer VW-Mitarbeiter sagte: "Klar geht bei uns die Angst um. Aber es wird schon. Jeder hofft, dass das dicke Ende ausbleibt."
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Wie begründet die Sorgen sind, zeigen Pläne für das Nutzfahrzeugwerk in Hannover. Ende Januar sollen rund 300 Verträge auslaufen, wie die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" berichtete.
Verträge von weiteren 500 Leiharbeitern sollen zudem zunächst nur um drei Monate verlängert werden. Laut Osterloh hat dies nichts mit dem Diesel-Skandal zu tun - es sei der schlechten Nachfrage nach dem Pick-up Amarok geschuldet.
Vorerst Entwarnung für Leiharbeiter
Für andere VW-Werke oder Konzerntöchter seien bislang noch keine vergleichbaren Entscheidungen zu möglicherweise auslaufenden Verträgen getroffen worden, sagte ein Konzernsprecher der dpa. "Es gelten alle bisher gemachten Zusagen."
Mit Blick auf die Leiharbeit am Hauptsitz betonte Osterloh: "Für den Standort Wolfsburg kann ich jedenfalls für das erste Quartal noch Entwarnung geben. (...) Wir hoffen, dass uns die Kunden die Treue halten." Weltweit sind beim VW-Konzern rund 600 000 Menschen beschäftigt, davon etwa 72 500 in Wolfsburg. Mehr als 830 000 Fahrzeuge laufen hier pro Jahr vom Band.
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Zumindest die Arbeitsplätze der Stammbelegschaft sind laut Osterloh nicht gefährdet. Auch Wolfgang Porsche betonte, sich für den Erhalt der Jobs einsetzen zu wollen. "Die Familien Porsche und Piëch stehen zur Beschäftigungssicherung bei Volkswagen durch ein stabiles und erfolgreiches Unternehmen", sagte er. Auch Müller hatte bereits angekündigt, die Stammbelegschaft halten zu wollen.
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