Geldanlage für Rentner: Sofortrente oder Auszahlplan?

Geld macht Arbeit – erst recht im Alter. Welche Möglichkeiten es gibt, die Einmalzahlung aus einer Versicherung anzulegen, wo Fallstricke sind, wo Sie Beratung bekommen
von  Berrit Gräber, tha

AZ-Serie: Geld macht Arbeit – erst recht im Alter. Welche Möglichkeiten es gibt, die Einmalzahlung anzulegen, wo Fallstricke sind, wo Sie Beratung bekommen

BERLIN Jahrzehntelang gespart, jetzt wird sie fällig: Meist zum 60. Geburtstag bekommen Hunderttausende Deutsche auf einen Schlag viel Geld aus ihrer Lebensversicherung ausgezahlt. Im Schnitt sind es 87000 Euro, die nach 30 Jahren regelmäßiger Einzahlung plötzlich auf dem Konto sind, wie der Branchendienst Map-Report berechnet hat. Statt damit auf Weltreise zu gehen oder die Enkel zu unterstützen brauchen viele Senioren das Gesparte, um ihre magere gesetzliche Rente möglichst lange aufzubessern. Aber: Wohin mit dem Geld? Eine echte Herausforderung  im Dauerzinstief. Die AZ hat verschiedene Anlagemöglichkeiten unter die Lupe genommen

Was ist mit einer Sofortrente?

Geht es nach den Versicherern, sollen die Sparer das ganze Geld gleich wieder in eine Rentenversicherung investieren. Versprochen wird eine Monatsrente, die sofort und garantiert bis zum Lebensende fließt, meist noch Überschüsse dazu. Für 100.000 Euro kriegt ein Mann beispielsweise monatlich circa 380 Euro, für 60.000 etwa 200 Euro. Klingt akzeptabel, hat aber einen Haken, wie Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV) erklärt: Der Kunde muss um die 90 Jahre werden, damit er sein Kapital durch die Sofortrente zurückkriegt.

Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bundesweit für Männer aber bei etwa 78 Jahren, für Frauen bei gut 82 Jahren. „Das ist eine Wette auf ein langes Leben“, warnt auch Merten Larisch von der Verbraucherzentrale Bayern. Wer sicher ist, mal so alt zu werden wie Johannes Heesters, für den wird die Anlage tatsächlich zum Geschäft. Die meisten anderen zahlen drauf. Und sollten lieber ablehnen. Mehr als circa ein Prozent Rendite sei ohnehin nicht drin, sagt Larisch.

Dazu kommt: Stirbt der Anleger früh, ist sein Kapital verloren. Die Erben bekommen nichts davon. Wer seine Angehörigen absichern möchte für den Todesfall, muss die Leistung teuer erkaufen - und monatliche Abschläge von zehn Prozent und mehr in Kauf nehmen. Wer sich trotzdem für eine Sofortrente entscheidet, weil er ein regelmäßiges Zubrot bis ans Lebensende braucht, sollte unbedingt vergleichen. Die Preisunterschiede sind enorm. Bei gleicher Anlagesumme kann das 50 oder gar 100 Euro weniger im Monat ausmachen.

Was bringt ein Bankentnahmeplan?

Wer auch an etwaige Erben denkt, dem bleibt nur, das Geld am Kapitalmarkt anzulegen statt in eine Versicherung. Zum Beispiel mithilfe eines Bankentnahmeplans. Der hat Vorteile für Senioren, die auf Nummer sicher gehen wollen, aber keine garantierten Auszahlungen bis zum Lebensende brauchen. Bei Bankauszahlplänen wird eine große Summe zum festen Zinssatz für fünf, zehn oder 20 Jahre angelegt. Die Bank überweist daraus regelmäßige Raten, bis das Geld am Laufzeitende aufgebraucht ist.

In einer Niedrigzinsphase ist allerdings kaum Rendite zu machen. Immerhin liegen die Top-Angebote über der Inflationsrate von zwei Prozent: Für 100.000 Euro auf zehn Jahre bietet die Gefa Bank derzeit bestenfalls 2,3 Prozent Zinsen. Das bedeutet gut 932 Euro Rente im Monat, wie der Vergleichsrechner biallo.de ermittelt.

Bei fünf Jahren Laufzeit sind aktuell maximal 1,85 Prozent drin, respektive 1745 Euro monatlich. Allzu lang sollte man sein Geld momentan nicht festlegen, sonst verpassen Sie womöglich steigende Zinsen. Auszahlpläne sind auch geeignet, Engpässe wegen Altersteilzeit bis zum Rentenbeginn zu überbrücken.

Sie können auch so konzipiert werden, dass das Kapital ganz oder teilweise erhalten bleibt. Dann gibt’s zwar mehr zu erben, aber der Rentner muss sich mit den Erträgen aus den derzeitigen Micker-Zinsen begnügen.

Was ist ein Fondsauszahlplan?

Wer finanziell mehr Risiko eingehen kann, sollte sich mit Entnahmeplänen aus Aktienfonds befassen, rät Larisch: „Selbst für konservative Senioren kann das eine Option sein.“ Ratsam seien vor allem Indexfonds (ETF) Welt und Europa. Wie viel dabei rumkommt, ist allerdings nicht fest kalkulierbar. Fachleute halten die Gewinnchancen für überdurchschnittlich hoch.

Anleger können die Höhe der Auszahlraten und deren Intervalle selbst festlegen, je nach Börsenentwicklung. Nach deutlichen Kurssteigerungen können hohe Beträge rausgezogen werden, nach einem Kursrutsch nur wenig bis gar nichts. „Das kann sich aber nur leisten, wer im Alter nicht auf dauerhafte fixe Zahlungen aus dem Ersparten angewiesen ist“, mahnt Larisch zur Vorsicht. Niemand weiß, wie sich die Kurse entwickeln.

Was tun?

Möglich ist auch, das Geld auf eigene Faust anzulegen und sich einen Auszahlplan selbst zusammenzustellen. Zum Beispiel, indem ein Teil der Lebensversicherung auf ein gut verzinstes Festgeld- oder Tagesgeldkonto kommt, ein weiterer Teil in einen Top-Bankentnahmeplan und der dritte in Aktienfonds. Wer so investiert, bekämpft die Inflation, hält sein Verlustrisiko in Grenzen, sichert sich aber etwas höhere Gewinnchancen und kann schnell flüssig werden, wenn's mal eng wird.

Eine lebenslange Rentengarantie gibt es damit aber definitiv nicht. Ob und wie viel Risiko sich Senioren bei ihrer Geldanlage leisten können, hänge von jedem Einzelnen ab, betont Larisch. Die Verbraucherzentrale Bayern bietet eine individuelle Beratung zur Geldanlage im Ruhestand an. 30 Minuten Beratungszeit kosten jeweils 30 Euro. Weitere Informationen unter www.vz-bayern.de, 089 539870. Gegen Honorar bieten auch Vermögensberater eine unabhängige Anlageberatung an.

 

 

Und wie komm ich an so viel Geld?

Wie man durch regelmäßiges Sparen den Grundstock für die Zusatz-Rente schafft.

Die Anlage von 80.000, 100.000 oder gar 150.000 Euro aus einer Versicherung im Alter von 60 oder höher ist das eine Problem – das andere lautet: Wie komme ich überhaupt an so viel Geld? Die ehrliche, aber bittere Antwort lautet: Sparen.

Das kann man auch auf eigene Faust – dann muss man nachher nicht über Versicherungen schimpfen: Wenn jemand zum 65. Lebensjahr 100.000 Euro ausgezahlt haben möchte, müsste er 40 Jahre lang jeden Monat 162 Euro anlegen und auf ein momentan mit 1,2 Prozent überdurchschnittlich verzinstes Tagesgeld-Konto legen (Ergebnis vor Steuern). Fängt er statt mit 25 erst mit 35 mit Sparen an, muss er bereits 231 Euro im Monat sparen. Fängt er erst mit 55 an, sind es 784 Euro im Monat – ein Kraftakt.

Alternativ zum Tagesgeld kann man auch staatlich geförderte Anlageformen wählen – besonders für Familien oder Alleinerziehende rechnet sich in der Regel ein Riester-Vertrag. Deswegen, weil der Staat auf jeden privat eingezahlten Euro bis zu zwei oben drauf legt. Oft werden die Zulagen aber von Gebühren und Provisionen aufgefressen. Und: Die Riester-Rente wird in der Regel monatlich ausgezahlt.

Der Vorteil: Man braucht sich nicht über die Wiederanlage Gedanken zu machen (s.links). Die Nachteile: Auch hier rechnen die Versicherer zu Ihren Ungunsten mit einem langen (also für sie teuren) Leben. Auf diese monatlichen Auszahlungen sind im Alter immer öfter Steuern fällig.

Da ist „selbstbestimmtes Sparen“ mit Tagesgeld oft besser – mit 65 steht der erwünschte Betrag zur Verfügung. Positiv kann sich auswirken, dass Sie auf die Erträge im Alter nur Abgeltungssteuer zahlen, keine Einkommensteuer oder Sozialversicherung. Einziges Problem: Tagesgeld ist täglich verfügbar – lassen Sie, bis Sie 65 sind, die Finger davon!

Lesen Sie weiter: Krankenversicherung auf Einmalzahlungen - diese Fallen gibt's!

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