Weniger Geld vom Versorgungswerk
Bei einmaligen Auszahlungen von Betriebsrenten aus einer Direktversicherung, Pensionen, Riesterrenten über ihren Arbeitgeber und Leistungen aus Versorgungswerken gibt’s hohe Abzüge
BERLIN Erst verrentet, dann verrechnet: Viele Menschen kalkulieren zum Rentenbeginn mit der Gesamtsumme, die ihnen ihre Versicherung als Einmalzahlung vollmundig versprochen hat – und haben sich verkalkuliert: Denn in vielen Fällen müssen für diese Summe noch Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge gezahlt werden. Das schmälert die Summe und erhöht die monatliche Belastung. Diese Regelung gilt seit 2004, ist aber vielen nicht bekannt. Betroffen sind Betriebsrenten aus einer Direktversicherung, Pensionen, Riesterrenten über ihren Arbeitgeber und Leistungen aus Versorgungswerken – für sie müssen gesetzlich Pflichtversicherte 15,5 Prozent Krankenversicherung zahlen, hinzu kommen in der Regel 2,3 Prozent Pflegeversicherung.
Keine Sozialabgaben sind für gesetzlich Versicherte auf Zahlungen aus einer privaten Rürup- oder Riester-Rente oder auf Auszahlungen aus einer privaten Kapitallebensversicherung fällig. Hört sich kompliziert an – ist auch so. Ob für die Versicherung, in die Sie regelmäßig Geld einzahlen, im Alter Krankenversicherungsbeiträge fällig sind, kann Ihnen Ihr Anbieter sagen.
Ein Beispiel macht den Ärger deutlicher: Ein Münchner, der im Oktober 2013 mit 65 Jahren in Rente gehen möchte, hat sich auf die ihm zugesagten 100.000 Euro aus seiner Direktversicherung gefreut. Am Ende hat er aber unterm Strich nur 82.000 Euro zur Verfügung.
Und das liegt an folgender Rechnung der Kranken- und Pflegeversicherung: Erst einmal machen sie dem Bald-Rentner klar, dass er auf diese 100.000 Euro Sozialabgaben zahlen muss. Kalkuliert wird die Höhe folgendermaßen: Die Summe wird auf 120 Monate umgelegt – es wird also so getan, als bekäme der Münchner zehn Jahre lang 833 Euro Rente. Darauf muss monatlich 129 Euro Krankenversicherung und noch mal 19 Euro Pflegeversicherung zahlen. Macht summa summarum 17.800Euro, die von seinem Ersparten abgehen.
Das Geld wird nicht auf einmal, sondern zehn Jahre lang jeden Monat abgebucht – also in dem Fall bis September 2023. Krankenversicherungsbeiträge fallen erst ab einem – real oder errechneten – Monatsbetrag von 134,75 Euro an – außerdem gilt die jeweilige Bemessungsgrenze – das heißt, derzeit dürfen die realen oder errechneten Beiträge zusammen nicht höher als 674,25 Euro sein.
Wählt der Bald-Rentner hingegen nicht die Einmalzahlung, sondern eine monatliche Summe, die zum Beispiel bis zum Lebensende 380 Euro beträgt, zahlt er geringere Beiträge: Für die Krankenversicherung werden dann 58,90 Euro im Monat fällig, für die Pflegeversicherung 8,74 Euro. Diese Beiträge zahlt der Münchner dann zusätzlich zu den Krankenversicherungsbeiträgen auf seine Altersrente. Diese sind bei gesetzlich versicherten 8,2 Prozent hoch.
Das sind mittlerweile leider nicht die einzigen Abschläge die Rentner haben: Wenn der unverheiratete Noch-64-Jährige im Oktober mit 960 Euro gesetzlicher Altersrente, 380 Euro Betriebsrente und 150 Euro privater Riester-Rente in den Ruhestand geht, bleiben von seinen 1490 Euro brutto nur 1301 übrig. 165 Euro zahlt er Kranken- und Pflegeversicherung, 24 Euro Steuern und Soli im Monat. Das liegt unter anderem daran, dass 66 Prozent der Altersrente mittlerweile steuerpflichtig ist – bis zum Jahr 2040 werden es schrittweise 100 Prozent sein.
Also: Auch im Alter bleibt ein Unterschied zwischen brutto und netto. Besonders hart trifft es diejenigen, die als Senioren „freiwillig gesetzlich krankenversichert“ sind. Das sind die, die in der zweiten Hälfte ihres Erwerbslebens weniger als 90 Prozent dieser Zeit gesetzlich versichert waren. Daher muss diese Gruppe auch auf alle anderen Auszahlungen 14,9 Prozent Sozialversicherungsbeiträge berappen – also auch für private Riester-oder Rürup-Renten, private Rentenversicherungen und auch Kapitallebensversicherungen. Das sind laut „Stiftung Warentest“ bis zu 700Euro im Monat.
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