AZ-Test: Picanto im GT Line-Sportdress

München - Gut, das mit der Sportlichkeit ist beim Picanto doch eher eine optische Angelegenheit, außen wie innen mit einem Doppelauspuff und diversen orangen Zutaten. Kia hat zwar einen kleinen Turbobenziner mit 100 PS angekündigt, aber wir waren noch in der bisher in der einzigen für die GT Line verfügbaren Motorisierung unterwegs, dem 1.2 Liter-Vierzylinder, der 84 PS ans Fünfganggetriebe bringt. Der Motor reißt keine Bäume aus, das ist klar, das getestete Exemplar nervte im unteren Drehzahlbereich bis etwa 2.000 Touren mit einem deutlichen Ruckeln, als hätte es sich ein bisschen verschluckt. Gerade wenn's beim Einfädeln knapp wird, stört diese Eigenschaft ziemlich.
Einmal in Fahrt tat das Maschinchen das, was man von ihm erwarten kann: Es zog den grundsätzlich fünftürigen Kleinwagen mit rund einer Tonne Lebendgewicht in 12,0 Sekunden auf 100 und auf der Autobahn bis auf Tempo 173. So richtig wohl fühlt sich der kleine Ottomotor, wenn er ordentlich auf Touren gehalten wird, dann passt sogar das flotte Äußere ein bisschen zum Gefühl hinterm Lenkrad. Der Normverbrauch 4,5 Litern ist natürlich in Echt nicht zu schaffen, aber mit den 6,2 Litern im zügig absolvierten AZ-Test darf man durchaus zufrieden sein. Ein bisschen weniger wäre auch kein Problem.
Kia Picanto: Die Ausstattung kann sich sehen lassen
Ein erfreuliches Erlebnis im Picanto: Kia hat den Luxus des beheizten Lenkrads samt der Sitzheizung demokratisiert und bis in seine allerkleinste Baureihe durchgereicht. Und auch sonst hat die GT Line einiges zu bieten: Das Audiosystem, den USB-Anschluss, einen Dämmerungssensor hat schon der Basis-Picanto, dazu kommen noch so nette Sachen wie Klimaautomatik, Sportpedale, Lederlenkrad, LED-Tagfahrlicht und -Rückleuchten, elektrisch anklappbare Außenspiegel, 16-Zoll-Leichtmetallfelgenund als Extra eine 7-Zoll-Kartennavigation mit Android Auto und Apple CarPlay, eine Rückfahrkamera, Bluetooth mit Spracherkennung, die induktive Smartphone-Ladestation, eine Geschwindigkeitsregelanlage plus Parksensoren hinten. Verzicht ist also im Picanto nicht angesagt.
Alles drin, alles dran: Die Armaturen des Picanto entsprechen in etwa denen des einen Nummer größeren Rio. Foto: Rudolf Huber
Mit der Bedienung der Schalter und des Touchscreens kommt eigentlich jeder Fahrer oder jede Fahrerin auf Anhieb klar, die nicht besonders großen Sitze vorne geben guten Seitenhalt, das Lenkrad lässt sich in der Höhe auf den jeweiligen Piloten einstellen. Vorne geht es für ein nur 3,60 Meter langes Auto auffallend geräumig zu. Für den Fond vergeben wir Note zwei bis drei, und der Kofferraum birgt eine positive Überraschung: Gegenüber dem Vorgänger ist er um 55 auf 255 Liter gewachsen, werden die Rücksitzlehnen umgelegt, sind es 1010 Liter. Auch wenn die Koffer und Taschen bei voller Ausnutzung des Gepäckabteils, also nach Herausnehmen des doppelten Ladebodens, ziemlich weit hochgehievt werden müssen: Der Picanto ist ein Großer unter den Kleinstwagen. Bleibt der Ladeboden drin, ergibt das Umklappen eine fast ebene Fläche.
Dank des kleinen Wendekreises wuselt der als GT-Line mindestens 14.990 Euro teure Koreaner flink durch die Stadt und macht sich als Parkplatz-König beliebt. Überland erweist er sich als ausgesprochen erwachsen wirkendes Auto mit ordentlichem Komfort und einem narrensicheren Fahrwerk. Der Picanto ist mit bis zu sieben Airbags (ab Spirit) und dem 590 Euro kostenden autonomen Notbremsassistenten in Sachen Sicherheit in der Kleinstwagenklasse vorne mit dabei. Ganz schön viel Auto also auf 3,60 Metern – der Picanto zeigt einmal mehr, dass die aktuellen Autozwerge rein gar nichts mehr mit rollenden Verzichtserklärungen zu tun haben – Kias 7-Jahres-Garantie inklusive. Und wenn der 100 PS-Turbodreizylinder da ist, passen auch optisches Versprechen der GT Line und die Realität besser zusammen.