Kurz und knackig: ZZ Top spielen nur eine gute Stunde auf dem Tollwood in München
Eigentlich ist es wie immer. Die Band beginnt mit ihrem berühmten Hit "Got Me Under Pressure", jenen Song, den einst von Jimi Hendrix geförderten Sänger Billy Gibbons 1983 gemeinsam mit dem Toningenieur Linden Hudson an einem lauen Nachmittag schrieben und als Demo mit Synthesizer und Drumcomputer aufnahmen, ohne dass die beiden anderen Bandmitglieder Dusty Hill und Frank Beard etwas davon ahnten.

Die Tollwood-Musikarena ist prall gefüllt, die Stimmung ist super, aber eine Sache ist eigenartig. Optisch hat sich kaum etwas verändert, zwei Männer mit langen Zottelbärten und Sonnenbrillen stehen nebeneinander und machen synchronisierte Bewegungen mit ihren Instrumenten.
Der Markus Söder der Bassgitarre
Bekanntlich ist der gute alte Bassist Dusty Hill vor so ziemliche genau drei Jahren verstorben. Sein Nachfolger heißt Elwood Francis, er war einst der Tontechniker der Band und hat ein überdimensional großes gelbes Instrument mit siebzehn Saiten umhängen, spielt aber nur auf den unteren vieren. Zudem ist weder sein Bart, noch sein Haupthaar echt, er schaut ein bisserl aus wie Markus Söder im Vorjahr bei der Veitshöchheimer Fastnacht in Franken als Moses oder – nach der eigenen Darstellung des Ministerpräsidenten – als "Stammesältester, der Bayern durch die Zeit führt".

Irgendwie kommt das leicht schräg rüber, andererseits war Dusty zeitlebens zu Scherzen aufgelegt und wünschte sich kurz vor seinem Tod: "Let the show go on! Give Elwood the bottom end and take it to the Top!". Daher verzeiht das Publikum die bizarre Verkleidung und freut sich einfach.
Sie sind Kult, sorgten in den 1980ern für kleine Aufreger durch halbnackte Tänzerinnen in ihren Musikvideos, traten bärteschwingend im dritten Teil von "Zurück in die Zukunft" als fiedelnde Westernkapelle und in "Two And A Half Man" als Drogenfantasie auf und gaben sich niemals auch nur ansatzweise schlecht gelaunt.
Das Prinzip der texanischen Band ist einfach: guter Country-Bluesrock, den sie "Abstract Blues" nennen, und seit 55 Jahren bekommen die Fans quasi eins zu eins die gleichen Konzerte serviert, ähnlich wie bei AC/DC, den Rolling Stones oder Extrabreit. Mit dem Unterschied, dass die Bärte der beiden Aushängejungs immer länger wurden, während Mick Jagger und Angus Young grundsätzlich glattrasiert auftreten.
Die Kostümschlacht endet bald
Der ZZ Top-Schlagzeuger Frank Beard heißt nur so und trägt einen dezenten Ziegenflaum, während er die Stöcke inmitten von Lautsprechern, die aussehen wie Weinkisten und gemütlichen Bierfässer auf den Bassdrums schwingt. Hinter ihm steht ein großer Gong, der an die MB-Spiele-Werbung aus den 1980er Jahren erinnert.
Die Kostümschlacht nimmt kein Ende, weiße Plüschgitarren, pinke Glitzerjacken, Cowboyhüte. Die Jungs haben Spaß, die Fans auch. Ohne viel Firlefanz werden Hits wie "Gimme All Your Lovin" und "Sixteen Tons" abgeliefert, unkompliziert, heiter, beschwingt. Nicht mehr und nicht weniger.
Weil die Band der Meinung ist, dass eine gute Stunde Livekonzert reicht, endet die Show bereits um 21.15 Uhr, damit die Fans in Ruhe über das Tollwoodgelände spazieren, eine Halbe im eisgekühlten Steinkrug trinken und sich das EM-Finale anschauen können.
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