Symphonieorchester der Musikhochschule: Pflicht wird zur Lust
Wer an der Münchner Hochschule für Musik und Theater im Hauptfach ein Instrument studiert, unterliegt der sogenannten Orchesterpflicht. Sie hat den Sinn, den Studierenden Erfahrungen im Zusammenspiel zu ermöglichen und Grundkenntnisse im Repertoire zu vermitteln.
Hochschulsymphonieorchester: Endlich eine Einheit
Wie das bei jungen Meisterinnen und Meistern eben so ist, haben nicht immer alle Zeit, bei sämtlichen Proben anwesend zu sein. Das Niveau des Klangkörpers war deshalb oft gewissen Unwägbarkeiten unterworfen. Seitdem Marcus Bosch als Dirigierprofessor dem Hochschulsymphonieorchester vorsteht, ist das anders.
Er versteht es, die Musikerinnen und Musiker, die aus allen möglichen Ländern kommen und in verschiedenen Semestern studieren, zu einer Einheit zusammenzuschweißen. Sogar unter Zeitdruck.
Denn wieder einmal durchkreuzte das Corona-Virus einen langgehegten Plan, in diesem Falle die Aufführung der mit Solisten und Chor üppig besetzten "Lobgesang"-Symphonie von Felix Mendelssohn Bartholdy. Nur wenige Tage blieben Zeit, auf kleiner dimensionierte Werke desselben Komponisten umzuschwenken.
Bosch - ein versierter Praktiker
Kein Problem für den versierten Praktiker Bosch. Der ehemalige Generalmusikdirektor der Nürnberger Oper kennt die Bedürfnisse eines Orchesters genau, sieht mögliche Klippen in der Koordination voraus und wirkt ihnen früh mit eindeutiger Stabführung entgegen. In der "Hebriden"-Ouvertüre phrasieren Violinen und Violoncelli ihre Melodielinien wie mit einem Bogen, alle artikulieren grazil, wobei Bosch besonderen Wert auf federnde Rhythmik legt.
Er begreift den Streicherkörper als gleichberechtigten Partner, nicht als dominierende Kraft, sodass sich in der Symphonie Nr. 5 d-moll, der "Reformations-Symphonie", die beseelten Soli der Holzbläser und das schlanke Blech ohne Forcieren entfalten können. Das Hochschulsymphonieorchester präsentiert sich in der Isarphilharmonie als zusammengewachsener, nicht zusammengewürfelter Klangkörper.
Solopart von Louis Vandory
Erst vor wenigen Tagen erfuhr Louis Vandory, dass er den Solopart von Mendelssohns Violinkonzert übernehmen würde. Für ein Mitglied der Geigenklasse von Julia Fischer ist so ein Stunt offenbar kaum der Rede wert.
Vandorys geschmeidiger und heimlich leuchtender Ton ist für den Feenspuk des Werkes wie geschaffen, aber auch die Kantilenen, ja sogar bloßes Figurenwerk belebt der Anfang Zwanzigjährige mit einem untergründigen Agitato. Für die Zugabe, einen Choral aus dem ausgefallenen "Lobgesang", setzt sich der gebürtige Münchner dann ans Konzertmeisterpult. Die Orchesterpflicht, hier wird sie zur Lust.
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