Queen + Adam Lambert in der Olympiahalle: Die große Nostalgie
München - Fast drei Jahre Vorfreude bedeutete für viele Queen-Fans diese Show. Während der Corona-Krise verwahrten sie sorgfältig die im Vorverkauf maskenfrei gekauften Tickets. Wer noch keins hatte, besorgte sich eins im Verlauf der Pandemie, denn die Erwartungen an den inzwischen 75-jährigen Queen-Gitarristen Brian May und den 73-jährigen Queen-Drummer Roger Taylor stiegen stetig. Auf dem Weg zur Olympiahalle wurden denn auch viele Karten gesucht, aber keine angeboten.
"Now I'm Here" zum Auftakt: 1974 mit Freddie Mercury
Das Bühnendesign in der restlos ausverkauften Halle rückte von Anfang an das von Queen-Sänger Freddie Mercury gezeichnete Wappenlogo der Band ins Zentrum. Wie beim allerersten Gig in München im Dezember 1974 rockten Queen zum Auftakt hart los mit "Now I'm Here".
Aber schon hier wurde deutlich: Der 40-jährige Adam Lambert wird niemals die unnachahmliche stimmliche Schärfe des 1991 verstorbenen Queen-Frontmanns Freddie Mercury erreichen.

Nach zwanzig Minuten setzte Lambert zu einem Begrüßungsmonolog an: "Seit zehn Jahren darf ich mit diesen unglaublichen Musikern, mit diesen Legenden May und Taylor zusammenarbeiten. Jedes Mal, wenn ich die Bühne betrete, bin ich so glücklich, dass ich diesen Job habe. Und es fühlt sich gut an, das Erbe der größten Rock'n'Roll Band aller Zeiten weiterzuführen. Und demütig und gesegnet helfe ich an den einzig wahren und unersetzlichen Rock-Gott zu gedenken, Freddie Mercury. Liebt Ihr Freddie? Ich bin ein Fan, so wie Ihr alle. Also bitte ich Euch um einen Gefallen: Versprecht mir, dass Ihr und ich hier gemeinsam Freddie und Queen feiern werden?"
"Don't Stop Me Now": Der euphorisierendste Song der Rockgeschichte
Das Geschrei und der Applaus sind ohrenbetäubend und es folgt "Don't Stop Me Now", den Wissenschaftler aufgrund des Zusammenspiels von Melodien und Lyrics als den wohl euphorisierendsten Song der Rockgeschichte definiert haben.
Wie Freddie ist Lambert schwul und liebt die großen theatralischen Gesten: Kapriziös wartet er vor "Somebody To Love" auf die Farbe Rosa oder schiebt sich später das Krönchen in die Stirn. Mit dem jungen Amerikaner gelingt es May und Taylor, das Queere von Queen in die Gegenwart zu überführen. Das Konzert ist einerseits eine große Nostalgie-Show (alle Songs sind über dreißig Jahre alt), andererseits eine Verbeugung vor Freddie, der von 1979 bis 1985 die meiste Zeit in München gelebt hat. Vielleicht war Brian May auch deshalb emotionaler als auf vorhergehenden Stationen der Tour: "Hello München! I'm feeling at home. So many incredible memories of Munich, Munich's people, Munich's music!"
Alben in den Musicland Studios im Arabellapark aufgenommen
Tatsächlich hatten Queen hier in den Musicland Studios im Arabellapark zahlreiche Alben aufgenommen und zwei ihrer erfolgreichsten Songs überhaupt, "Crazy Little Thing Called Love" und "Another One Bites The Dust", die entsprechend frenetisch vom Münchner Publikum gefeiert wurden.
Zu den einzelnen Liedern raffiniert abgestimmte Lasershows, manchmal Rauch und Flammen und eine abwechslungsreiche Bühnentechnik boten Bombastisches fürs Auge: Der promovierte Astrophysiker May solierte mal von hoch oben umgeben von schwebenden Planeten, mal tauchte er wie aus dem Nichts von unten aus dem Bühnenboden auf. Lambert nutzte die im Laufsteg eingebaute Drehscheibe, während auf den Leinwänden und über der Bühne Multimedia-Spektakel abgefeiert wurden.
Zwei fehlten zum kompletten Queen-Glück
Einen Höhepunkt bildeten die roten Zauberraketen aus dem Gitarrenhals Mays bei "A Kind Of Magic", Pyrotechnik der besonderen Art, wobei der Song optisch vollkommen an das damalige Cartoon-Video angelehnt wurde.
Es ist bewundernswert, wie die beiden grauhaarigen Herren wie nebenbei auch bewiesen, dass sie heute noch als technisch versierte Musiker die Magie von damals herbeihexen können. Zum kompletten Queen-Glück fehlten nur zwei, Freddie in natura (er tauchte mehrmals singend auf den Leinwänden auf) und John Deacon, der Queen-Bassist, der in London seit Jahrzehnten ein geregeltes Leben führt und die Unersetzlichkeit Freddies ernster nimmt als seine früheren Bandkollegen.
In einer früheren Version des Artikels wurden in einem Absatz John Deacon und Roger Taylor verwechselt. Wir haben das korrigiert. Anm. d. Red.
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