Kritik

Philharmoniker unter Klaus Mäkelä im HP8: Schmetter und Peng

Die Philharmoniker unter Klaus Mäkelä mit Mahler, Zinovjew und Schostakowitsch im Gasteig HP8.
Robert Braunmüller
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Der Dirigent Klaus Mäkelä und die Münchner Philharmoniker in der Isarphilharmonie.
Der Dirigent Klaus Mäkelä und die Münchner Philharmoniker in der Isarphilharmonie. © Co Merz/Münchner Philharmoniker

Vor einer Woche wurde die eine oder andere Augenbraue überrascht hochgezogen: Der 26-jährige Klaus Mäkelä wird Chefdirigent des Amsterdamer Concertgebouw Orkest. Allerdings erst 2027 - damit die Musiker dieses zu den Top Ten zählenden und zwischen 2004 und 2015 von Mariss Jansons geleiteten Orchesters ihre Entscheidung bis dahin zerreden und bezweifeln können.

Bei seinem Auftritt mit den Münchner Philharmonikern im Gasteig HP8 stand unter anderem Mahlers Erste auf dem Programm. Das ist über München hinaus interessant, weil das niederländische Orchester eine mindestens genauso große, auf die Zusammenarbeit mit dem Komponisten zurückgehende Mahler-Tradition wie die Philharmoniker pflegt. Und da muss leider, was Mäkelä angeht, doch eine leise Enttäuschung formuliert werden.

Die letzten drei Minuten gelingen hinreißend

Wenn Mahler nur aus Peng, und schmetterndem D-Dur bestehen würde, wäre Mäkelä schon jetzt ein ganz großer Interpret dieses Komponisten. Die letzten drei Minuten der Symphonie gelangen ihm hinreißend, der Rest war zwar auch nicht schlecht, aber als Interpretation eher unauffällig und auf äußeren Effekt getrimmt.

Der dämmrige Anfang der Symphonie: zu laut und zu direkt. Der Trauermarsch-Satz: auch zu laut, das parodistische Element unterentwickelt. Das Lied-Zitat im Mittelteil streifte die Sphäre von Franz Lehár, das lyrische Thema im Finale die von Peter Tschaikowsky. Ist Mahler wirklich so äußerlich? Beides gehört sicher auch dazu, aber nur als Zutat, nicht als Hauptsache. Mit Mahlers gebrochenem Ton, mit seinen Zwischentönen kann Mäkelä (vorläufig) nichts anfangen. Aber wenn es um stampfende Vitalität geht - wie im zweiten Satz - entfesselt er die maximalen Kräfte eines Orchesters. Nur ist das nicht das, worauf des bei Mahler ankäme.

 Unterkühlt-edle Schönheit statt kratzig und fahl

Gewichtiger wirkte da die gemeinsame Deutung des ersten Violinkonzerts von Dmitri Schostakowitsch mit Lisa Batiashvili. Die Geigerin setzte ganz auf eine unterkühlt-edle Schönheit und mied alles Kratzige und Fahle. Die Kadenz spielte sie streng, als sei sie eine Partita von Bach: Schostakowitsch als marmornes Denkmal. Das befremdet ein wenig, doch die Idee, das Bekenntnishafte zurückzudrängen und pure Musik zu machen, wirkt letztendlich stärker als eine Verdopplung des ohnehin unmissverständlich Gesagten durch die Solistin. Und wenn das Scherzo nur maßvoll ausgespielt wird, frappiert die Burleske als Steigerung umso mehr.

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Auf derlei polierten Noten-Positivismus versteht sich Mäkelä zweifellos. Mit dem, was nicht in den Noten steht, hapert es ein wenig. Aber was noch nicht ist, kann ihm das Concertgebouworkest ja noch beibringen. Hoffentlich wird es kein Prozess, der mit Verletzungen auf beiden Seiten endet.


Noch einmal am 17. Juni um 20 Uhr in der Isarphilharmonie, Restkarten

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