Manfred Mann's Earth Band und Status Quo: Was immer du willst
München - Denkt man über den Begriff "Veteranentreffen" nach, fallen einem invalide Herren mit Krückstöcken ein. Und man hat unwillkürlich das Bild von Methusalix im Kopf. Am heutigen Abend in der Olympiahalle ist es anders. Sowohl Zuschauer als auch Bühnenkünstler wirken frisch, aufgeräumt und quicklebendig. Trotz des Staraufgebots von Manfred Mann's Earth Band als Vorgruppe und dem Hauptact Status Quo hält sich der Andrang des Publikums in Grenzen, was schon beim Anblick der spärlich besetzten Parkplätze zu vermuten war.
Grooven, Headbangen, Luftgitarre: Gute Laune in der Olympiahalle
Am Merchandise-Stand gibt es ein paar T-Shirts und limitierte, nummerierte CD-Auflagen sowie ein Doppel-Vinyl-Best-Of-Album der Earth Band. Auf meine Frage, ob ich beim Erwerb auch CD- und Schallplattenspieler dazu geschenkt bekomme, verneint die Verkäuferin feixend und betont, dass Weihnachten schließlich vor der Tür stehe und es die Artikel nur hier beim Konzert gäbe. Ich kaufe trotzdem nix, sondern erfrische mich am Getränkestand.
Die Fans lassen sich die gute Laune nicht verderben, sondern genießen den Platz in der Arena zum Grooven, Headbangen, Luftgitarre spielen und Abdancen, als Manfred Mann's Earth Band in einem kraftvollen Support die Olympiahalle aufheizt. Perfekt arrangiert, tolle Band, knackige Songs, amtliche Show. Nach drei neueren Nummern gehen sie schließlich in altbekannte Hits über, die das Publikum gebührend feiert.
Manfred Mann's Earth Band gibt alles
Die 1971 vom aus Südafrika stammenden Manfred Mann gegründete Band gibt in der knappen Stunde Spielzeit alles, was das Auditorium erwartet. Mick Rogers, Robert Hart, John Lingwood, Steve Kinch und Manfred Mann selbst hauen ein geiles Solo nach dem anderen raus. Für ein Veteranentreffen fallen viele weibliche Fans auf, außerdem mischen sich auch die Altersgruppen angenehm. Beim Schlusssong "Mighty Quinn" von Bob Dylan kocht die Halle vor Freude und Unbekümmertheit.
Solider und ehrlicher Rock von Status Quo
Nach einer Umbaupause frohlockt die Meute zum Auftakt des ersten Songs von Status Quo. Beide Bands haben in ihrer Laufbahn hervorragend gecovert, Status Quo schaffte es sogar, dass manche Hits wie "Rockin' all over the World" oder "In the Army now" in den Cover-Versionen sogar wesentlich erfolgreicher als die Originale von John Fogerty oder Bolland & Bolland waren. Heute spielen die Urgesteine, zumindest die, die noch leben. Und auch sie können es noch, bieten soliden, ehrlichen Rock und sind somit als "Rockstars in den besten Jahren" noch immer ein Aushängeschild für guten, ehrlichen Rock mit gut aufeinander abgestimmten Gitarrensoli und mehrstimmigem Gesang.
Der erste eigene Status Quo-Hit "Pictures of Matchstick Men", eigentlich nur die B-Seite einer Single, hat Gründungsvater Francis Rossi, Sohn einer Irin und eines italienischen Eisverkäufers, im Alter von 18 Jahren, damals frischgebackener Ehemann, auf der Toilette komponiert, weil die Schwiegermutter im selben Haus lebte und er nur auf dem stillen Örtchen seine Ruhe hatte.
Vorher hatte er im tristen, vom Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörten London durch das Radio seine Liebe zur Musik entdeckt und mit seinem voriges Jahr traurigerweise verstorbenen Schulfreund die Band "The Scorpions" ins Leben gerufen. Es besteht allerdings kein Zusammenhang mit den Hannoveranern rund um Klaus Meine und Rudi Schenker. Der Bandname wurde damals, in der Gründungsphase, mehrmals geändert, und vor exakt 60 Jahren stand endgültig "Status Quo" fest. Inzwischen hat Rossi acht Kinder und lebt nach wie vor in der britischen Metropole.
Jubel, Trubel und Heiterkeit: Status Quo begeistert das Publikum
Nach einigen Bandkrisen rauften sich die Altrocker wieder und wieder zusammen, es gab dramatische und pressewirksame Trennungen samt Wiedervereinigungen, sie forschten in anderen Genres herum, spielten auch mal Popmusik, was Gitarrenschrubb-Fans irritierte. Einmal waren sie zu Gast in einem englischen Gefängnis, aber die Häftlinge waren sehr negativ gegen die Band eingestellt, warfen ihnen vor, als arrogante und wohlhabende Musikstars lediglich einen medial beachteten Ausflug in die Unterwelt zu veranstalten, es hagelte Buhrufe.
In der Olympiahalle gibt es nur Jubel, Trubel und Heiterkeit. Die Akustik ist wie bei der Vorband fabelhaft, Francis Rossi spielt auf seiner guten alten Fender Telecaster-Gitarre, die Band liefert ihre Welthits ab, wie nach einem ausgeklügelten Filmdrehbuch arrangiert. Sie haben Spaß, machen Faxen und spielen erdig.
Obwohl Rossi eine eigene Biermarke vertreibt, trinkt er seit Jahren wegen früherer Exzesse keinen Tropfen Alkohol mehr. Im Gegensatz zu seinen Fans, die sich das ziemlich uninspirierte, aber wenigstens kalte Olympiahallen-Bier im (leider nicht mit Status Quo-Motiv bedruckten) Plastikbecher gut schmecken lassen.
Das Publikum rockt mit und zeigt sich von neuen wie alten Hits entflammt, ist aber auch zurecht von den wirklich originellen und oft sehr lustigen Comedy-Überleitungen begeistert. Frontmann Francis Rossi überbrückt ein technisches Problem so charmant und amüsiert, dass man sich beinahe wünscht, dass es nicht so schnell behoben werden kann. Ihr Markenzeichen war einst, ohne Bühnenkostüme, sondern in schlichten Straßenklamotten aufzutreten. Heute haben sie einheitlich schwarze Hosen und weiße Oberhemden an, schön schlicht und dezent, angenehm stilvoll.
Grandioser Rock-Abend in der Olympiahalle
Beim militärkritischen "In the Army now" stoppt die Musik effektvoll und die Fans rufen einstimmig: "Stand up and fight". Gegen Ende des Konzerts kommen noch "Whatever you want" und "Rockin all over the world". Die jungen Veteranen im Publikum flanieren mit roten Wangen und glücklichen Gesichtern in die Münchner Winternacht. Doch Schnee, Eis und Kälte machen ihnen nichts aus, denn die Brustkörbe sind erwärmt von einem grandiosen Rock-Abend.
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