Kritik

Igor Levit: Mit dem Nächsten reden

Igor Levit und die Münchner Philharmoniker unter Mirga Gražynte-Tyla.
Robert Braunmüller
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Der Pianist Igor Levit bei einer Probe mit der Dirigentin Mirga Gražynte-Tyla.
Der Pianist Igor Levit bei einer Probe mit der Dirigentin Mirga Gražynte-Tyla. © Co Merz

Wenn ein Stück mit dem Titel "De profundis" überschrieben ist und vor dem Konzertsaal Herbstnebel wallen, kann einem leicht Schwermut überfallen. Erfreulicherweise stellte sich die so betitelte Komposition der 1975 in Kaunas geborenen Raminta Šerkšnyte als vitale Musik heraus, die aus der Streicherbesetzung schillernde Farben kitzelt - wenigstens in der Deutung der Münchner Philharmoniker unter Mirga Gražynte-Tyla in der bestens besuchten Isarphilharmonie.

Und damit war die Stimmung für den gesamten Abend festgelegt: lebenszugewandt - mit leicht nachdenklichen und grüblerischen Momenten. Zum Klavierkonzert von Robert Schumann erschienen die Philharmoniker in maßvoller Besetzung. Das schuf beste Voraussetzungen für Igor Levits Sicht auf ein Werk, die den Dialog auf Augenhöhe zwischen dem Orchester und dem Solisten betont.

Levit spielte betont kommunikativ

Levit kann natürlich auftrumpfen. Aber er spielte betont kommunikativ. Wenn gleich nach dem auftrumpfenden Beginn das Klavier die Streicher begleitet, lässt er den Kollegen den Vortritt. Die nachdenklichen Passagen streiften in ihrer demonstrativen Zurücknahme den Manierismus. Aber das dürfen sie auch, und es blieben Momente.

Alles lief auf das forsche Feuer des Finales zu, das Levit rauschhaft und tänzerisch lodern ließ. Danach, zum Runterkommen, gab es noch - hochkonzentriert - die letzten beiden Stücke der "Kinderszenen".

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Nach der Pause folgte die Symphonie Nr. 3 von Mieczyslaw Weinberg. Das Werk ist gewiss nicht frei von amtlich verordneten Sowjet-Optimismus seiner Entstehungszeit und höchstens halb so doppelbödig wie die Werke von Weinbergs Mentor Schostakowitsch. Aber alle vier Sätze enden mit einer unerwarteten Pointe. Und am Wichtigsten: Diese Symphonie langweilt nicht.

Die Philharmoniker legten sich mächtig ins Zeug. Sie demonstrierten nicht nur die Kraft ihrer einzelnen Gruppen, sondern auch die Qualität kontrollierten Zusammenspiels. Mirga Gražynte-Tyla sorgte für eine effektive, nie dröhnende Klangregie. Ihre Energie wirkte ansteckend. Und so lassen sich nach diesem Konzert dank einer starken Dur-Zufuhr ein paar weitere sonnenlose Hochnebelwochen schadlos überstehen, wenn wir uns an Levits musikalische Maxime halten und mit unseren Mitmenschen reden.

Am Samstag und Sonntag spielen die Philharmoniker Mahlers Dritte unter Robin Ticciati

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