Elim Chan: Die Frau hat einen Plan

Elim Chan und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Herkulessaal.
Michael Bastian Weiß |
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Die Dirigentin Elim Chan.
Die Dirigentin Elim Chan. © Astrid Ackermann/BR

München - Klein, zierlich und ohne Taktstock steht die junge Frau vor dem Orchester. Ihre Haltung ist aufrecht und stabil, obwohl die Egmont-Ouvertüre von Ludwig van Beethoven eine Dirigentin bei leisen Stellen dazu verführen könnte, suggestive Kniebeugen und im Finaljubel Luftsprünge zu vollführen.

Chan: Chefin des Antwerp Symphony Orchestras, Dirigentin des Royal Scottish National Orchestras

Soweit man es im Herkulessaal beobachten kann, bleibt auch ihre Mimik konzentriert. Elim Chan drückt sich über die Bewegungen ihrer Arme und Hände aus: Dirigieren in Reinkultur.

Dafür hat Elim Chan, geboren 1986 in Hongkong, Chefin des Antwerp Symphony Orchestras und feste Gastdirigentin des Royal Scottish National Orchestras, einen Plan. Bei den Crescendi hält sie das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks lange zurück, sodass die Erregung sich umso länger aufbauen kann. Diese entlädt sich dann in Tutti, die auch im Fortissimo noch präzise geformt sind, sodass die Pauken nicht die Piccoloflöte übertönen.

Das Debüt einer hochinteressanten Dirigentin

Elim Chan hat das Programm von Daniele Gatti übernommen, der wegen seiner neuen florentiner Verpflichtungen absagte – ts, ts, was ist wichtiger als München? Publikum und Orchester wird dadurch nicht nur das Debüt einer hochinteressanten Dirigentin beschert, sondern auch ein hinreißendes Werk, das das BR-Symphonieorchester noch nie gespielt hat. Diese Missachtung hat die Symphonie Nr. 2 c-moll von Peter Tschaikowsky nicht verdient – ihren politisch problematischen Spitznamen, der nicht vom Komponisten stammt, lassen wir besser weg.

Mit ihrer glasklaren Gestik führt Elim Chan die Musikerinnen und Musiker souverän durch die Erstaufführung. Die Streicher klingen schlank, aber eben nicht steril, das Holzbläserwerk robust, das Solohorn berückt. Und der Dirigentin gelingt das Meisterstück: nämlich die orchestralen Kräfte so einzuteilen, dass für einen überzeugenden Höhepunkt noch genügend übrigbleibt.

Eine eigene Welt darstellen

Das Klavierkonzert c-moll KV 491 von Wolfgang Amadeus Mozart könnte Rudolf Buchbinder, das hat er schon oft gezeigt, auch problemlos vom Klavier aus leiten. Doch wenn eine Dirigentin versteht, dass das Orchester bei Mozart eine eigene Welt darstellt, nicht bloße Begleitung, dann sind die Möglichkeiten selbst dieses Pianisten noch einmal beträchtlich erweitert.

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Chan ist fürs bloße Einspringen zu gut

Mit seinem einzigartig gewichteten, prägnanten, kurz: wienerischen Ton, hebt sich Buchbinder vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ab, kann sich an ihm reiben oder umso freundlicher auf die Solisten der Holzbläser zugehen. Elim Chan aber, die hier einfach alles richtig macht, sollte man im Auge behalten. Fürs bloße Einspringen ist sie zu gut.


Das Konzert kann man im Internet auf www.br-klassik.de anhören

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  • Chroniker am 25.12.2022 00:11 Uhr / Bewertung:

    Nur für's Protokoll: Daniele Gatti hatte laut Jahresprogramm des BR-Symphonieorchesters statt der 2. Symphonie von Tschaikowsky die 4. Symphonie von Beethoven vorgesehen.

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