Daniel Barenboim spielt Franz Schubert

Triumph der Natürlichkeit: Daniel Barenboim spielt Sonaten von Franz Schubert
von  Robert Braunmüller
Der Pianist und Dirigent Daniel Barenboim ist ein leidenschaftlicher Zigarrenraucher – hier pafft er in seinem Berliner Büro bei einem Gespräch mit Journalisten.
Der Pianist und Dirigent Daniel Barenboim ist ein leidenschaftlicher Zigarrenraucher – hier pafft er in seinem Berliner Büro bei einem Gespräch mit Journalisten. © dpa

Er ist Welt-Dirigent, Berliner Generalmusikdirektor, Konzertsaal-Bauherr, Nahostpolitiker und so weiter. Mehr als einem seiner Konzerte war in der Vergangenheit anzuhören, dass Daniel Barenboim sein früheres Kerngeschäft nur noch als Nebenerwerb betreibt – wie etwa vor zwei Jahren bei einem ziemlich ärgerlichen Klavierabend im Gasteig.

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Damals spielte er Schubert. Nun nimmt er sich an vier Abenden alle vollendeten Sonaten dieses Komponisten vor. Nach zwei Konzerten muss man sagen: Ja, hin und wieder schwindelt er ein bisschen. Doch das mindert den grandiosen Eindruck kaum, den er diesmal in der jedesmal so gut wie ausverkauften Philharmonie hinterließ.

Barenboim wählte eine frühe, eine mittlere und eine späte Sonate. Eine kluge Zusammenstellung, zumal am ersten Abend: Das Thema des Mittelsatzes der Sonate a-moll D 573 kehrt im Rondo der späten A-Dur-Sonate verfeinert und gesteigert wieder.

Leise verklingenden Schlüssen gilt seine ganze Liebe, doch ohne Tendenz zum übertriebenen Manierismus. Das Tempo ist flexibel, aber das fällt kaum auf. Die Schroffheit, gar das Hässliche, das Alfred Brendel in dieser Musik herausgestellt hat, liegt ihm fern. Die rätselhafte Katastrophe im langsamen Satz der späten A-Dur-Sonate D 959 bleibt erstaunlich handzahm.

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Barenboim inszeniert keine bedeutungsschwangeren Seelendramen, er macht vor allem Musik: unprätentiös und natürlich. Immer schimmert der Dirigent ein wenig durch: Am Klavier denkt er in sinfonischen Kategorien, bedacht auf die große Linie. Das Klavier tönt opulent und kräftig, in den Ecksätzen bisweilen auch wuchtig. Die Energie der Finali stellt er mit musikantischem Charme und kräftig ausgesungenen Melodien besonders heraus, ohne angestrengt nach Problemen zu suchen.

Herausragend glückte Barenboim am zweiten Abend die Sonate in c-moll D 958. Der Kopfsatz hatte sinfonische Größe. Im Scherzo unterschlug Barenboim nicht die Abgründe der Musik. Das Tarantella-Finale bewältigte er ohne Konditionsschwächen und Unschärfen. Schuberts Natürlichkeit triumphierte. Nach viel Gehirnakrobatik bei Schubert ist das eine angenehme Erholung, die sich – hoffentlich – bei den beiden weiteren Konzerten dieses Zyklus im Februar fortsetzt. Wenn es ihm wichtig ist, findet er doch Zeit zum Üben.

Wieder am 20. und 22. Februar im Gasteig. Karten unter Telefon 93 60 93

 

 

 

 

 

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