Kritik

BR-Chor singt Heinrich Schütz: Kühle Klischees

Der Chor des BR mit Musik von Heinrich Schütz im Prinzregententheater.
Robert Braunmüller
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Der Chorleiter und Dirigent Florian Helgath.
Der Chorleiter und Dirigent Florian Helgath. © ho

Der Münchener Bach-Chor hat als Heinrich-Schütz-Kreis angefangen. Aber das ist fast ein Menschenalter her, und so hört man die Musik des wohl wichtigsten deutschen Komponisten des Frühbarock in dieser Stadt ziemlich selten. Immerhin fühlte sich der Chor des Bayerischen Rundfunks durch den 350. Todestag dazu aufgerufen, ihm eines seiner Abo-Konzerte im Prinzregententheater zu widmen.

Historische Richtigkeit steht nicht im Fokus

Dass sich der BR-Chor dazu entscheidet, das Wörtchen "Coro" als Chor-Besetzung zu verstehen, dürfte nicht überraschen, auch wenn allen Beteiligten klar sein dürfte, dass Heinrich Schütz als Kapellmeister deutscher Kleinfürsten in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg keine 35 singenden Profis und ein Instrumentalensemble aufbieten konnte. Und das ist keine Frage nach der historischen Richtigkeit, sondern nur eine der Stimmigkeit, weil jede Aufführung von Musik des 17. Jahrhunderts Kompromisse zwischen den gegebenen Möglichkeiten und dem historischen Wissen erfordert.

Die Antwort der von Florian Helgath engagiert geleiteten Aufführung war ein klares Jein: Der BR-Chor prunkte – wie immer – mit schlanker Opulenz und perfekter Homogenität. Die im Prinzip ausgezeichneten Solistinnen und Solisten bemühten sich um einen historisch informierten Stil. Trotzdem stellte sich ein wohl unvermeidliches Ungleichgewicht zwischen den Soli und der Gruppe ein. Und die Musik der "Musikalischen Exequien" ist so geartet, dass sie, gesungen von einer größeren Gruppe, schnell etwas steif wird.

Komposition von Giovanni Gabriele liefert Kontext zu Schütz 

Die Probe aufs Exempel war das zweifellos für mehr Interpreten angelegte Stück von Giovanni Gabrieli am Beginn des zweiten Teils, der Schütz in den Kontext seiner Zeit stellte. Eine unter den obwaltenden Umständen nicht ganz unheikle Konstellation: Denn ein flottes Tänzchen von Claudio Monteverdi, gespielt von den exzellenten Bläserinnen und Bläsern der Cappella della Torre, ließ das novembergraue Gotteslob des deutschen Protestantismus ziemlich unfroh aussehen.

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Und dieses Uralt-Klischee muss man nicht jedes Mal bedienen. Eines von Schützens italienischen Madrigalen hätte dem mühelos entgegenarbeiten können. Was aber nicht als Genörgel verstanden werden möge, sondern als Aufforderung an den Chor des BR, die ältere Musik nicht nur den Spezialensembles zu überlassen: Denn die lassen sich in den seltensten Fällen in München blicken.


Im 3. Abo-Konzert singt der Chor des BR am 21. Januar Musik "Vom Salon zum Broadway". Infos und Karten unter br-chor.de

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