Alte Knochen klampfen klasse

Was gut war, ist weiterhin gut und routiniert virtuos: Mark Knopfler und seine Band in der gut gefüllten Münchner Olympiahalle.
von  Michael Stadler

Was gut war, ist weiterhin gut und routiniert virtuos: Mark Knopfler und seine Band in der gut gefüllten Münchner Olympiahalle.

Älterwerden ist kein Zuckerschlecken, sondern ein fortschreitender Boxkampf mit dem Leben, bei dem man einige Blessuren davonträgt. Aber vielleicht macht dieser Fight ja auch Spaß… – Das Schlagzeug, gespielt vom unvergleichlichen Ian Thomas, treibt unermüdlich an. In der mit 11 000 Fans gefüllten Olympiahalle kann die Hitze kaum weggefächelt werden. Und dann tritt, man kennt ihn von früheren Konzerten, ein Mann im Union-Jack-Outfit auf und kündigt wie ein Ringansager den Helden des Abends an: „Ladiiiies and Gentlemannn, please welcoooome Maaaark Knopfler!“

Das war’s dann auch mit den Show-Ideen für diesen Abend. Aber diese spektakelige Eröffnung ergab hier schon ein wenig Sinn. Immerhin legen der 65-jährige Knopfler und seine siebenköpfige Band mit dem Boxer-Song „Broken Bones“ aus seinem neuen Album „Tracker“ los: der Groove schleppend, der Rock erdig, wie es sich für eine erklärte Hommage an den 2013 verstorbenen J.J. Cale, einer von Knopflers größten Inspirationen, geziemt. Der Sound in der Olympiahalle mag da noch gar nicht gut abgemischt sein, aber das Männer-Oktett ist schon perfekt eingespielt. Immerhin sind sie schon länger mit der „Tracker“-Tour in Deutschland unterwegs und kennen sich zum Teil schon seit Jahrzehnten – Keyboarder Guy Fletcher etwa begleitet Knopfler schon seit beider „Dire Straits“-Zeiten.

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Was gut war, ist weiterhin gut, und man möchte es gar nicht anders haben: Knopfler pflückt die ersten Töne aus seiner roten Fender Stratocaster, wechselt zwischendurch die Gitarren, aber kehrt doch immer wieder zu seinem Stamminstrument zurück. Beginnt er „Romeo and Juliet“ mit einer metallig zirpenden Dobro, so beendet er das Lied wieder mit der hölzernen Strat, zieht die Töne sehnsüchtig lang, macht den Sound warm.

Das Programm ist klug ausgewogen: Erst viel Rock. Dann spielen ab „Privateering“ durch Geige, Akkordeon, Tin Whistle und Dudelsack zunehmend keltische Freibeuter-Klänge in den Abend hinein. Und ab der Mitte: eingestreute Dire-Straits-Hits. Bei „Sultans of Swing“ nehmen die improvisierten Licks und Riffs fast kein Ende. Dann doch. Und die Halle brüllt.

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Viel mehr als ein „Everything alright?“ wird man von Knopfler an diesem Abend nicht hören. Und statt Videoleinwänden, die für die weiter entfernten Reihen wichtig wären, leuchtet ein Wechselspiel der Farben hinter der Band. Die Atmosphäre zählt. Und die Musik, die mal in vierköpfiger Rock-Formation, mal zu acht zusammengestrickt wird, so dass ein Klangteppich entsteht, von dem keiner mehr runter will. Knopfler gönnt seiner Band unzählige Solomomente. Einmal, bei „Marbletown“, batteln sich John McCusker an der Geige und Glenn Worf am Kontrabass in atemlosen Miniaturen. Aus „Telegraph Road“ machen sie ein verspieltes Epos, und die Fans stürmen nach vorne an die Bühne. Dass Knopfler und Band ihr Virtuosentum in aller Routine pflegen, daran herrscht kein Zweifel, aber man hat doch den Eindruck, dass ihnen dieser Abend besonders viel Spaß macht. Mit dem von Dire-Straits-Konzerten bekannten Rausschmeißer-Instrumental „Going Home“ schicken sie die Fans heim. Patriotisch-euphorisch die Melodie, heilsam gegen all die Blessuren des Lebens.

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