Abschiebung von afghanischem Musiker Pouya: Geiger aus München reist mit

Der Künstler Ahmad Shakib Pouya muss Deutschland verlassen, der Münchner Geiger Albert Ginthör begleitet ihn auf dem Flug nach Kabul.
von  Volker Isfort
Albert Ginthör, Claudia Roth und Ahmad Shakib Pouya nach einer "Zaide"-Aufführung in der alten Kongresshalle.
Albert Ginthör, Claudia Roth und Ahmad Shakib Pouya nach einer "Zaide"-Aufführung in der alten Kongresshalle. © Matthias Strobel

München - "Ich bin kein Held", sagt Albert Ginthör, "aber ich möchte auch künftig noch in den Spiegel schauen können." Ginthör ist Geiger im Orchester des Gärtnerplatztheaters und Mitorganisator der Flüchtlingsoper "Zaide". Wie viele andere hat er sich für den afghanischen Künstler Ahmad Shakib Pouya eingesetzt, der in der vergangenen Woche bei drei Aufführungen von "Zaide" in der Alten Kongresshalle auf der Bühne stand und heute "freiwillig" Deutschland verlassen muss.

"Ein Zynismus, der nicht mehr zu überbieten ist", sagt Ginthör. "Die Ausländerbehörde hat massiv Druck auf Pouya ausgeübt, dass er ein Ticket zur Ausreise vorlegen müsse. Kaum hat er das getan, heißt es aus der Politik: Wir können ihm doch gar nicht helfen, der reist doch freiwillig aus."

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Ginthör wird Pouya nun auf dem Weg nach Kabul begleiten, er hat sich ein Visum organisiert und das Ticket. Um drei Uhr in der Früh werden beide am Samstag den Flug von Istanbul ins Ungewisse antreten. "Ich kann ja nicht sagen: Danke Pouya, schöne Aufführung, aber Dein Leben ist mir egal", sagt Ginthör.

Pouya fürchtet um sein Leben – und das aus gutem Grund. Er hat sich als Künstler kritisch mit den Taliban und der afghanischen Gesellschaft auseinandergesetzt, Texte von ihm kursieren im Internet. Sicher ist niemand in Afghanistan, das von der Bundesrepublik als sicheres Herkunftsland eingestuft wird. Pouya aber hat Todesangst. "Ob ich sterbe oder nicht, ist den Politikern egal. Lösungen, wie etwa die Härtefallkommission, wurden blockiert. Dass ich ein Bleiberecht bekomme, wurde blockiert. Mein Engagement hat nichts gezählt", sagt Pouya in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen.

Abschiebung nach sechs Jahren

Sechs Jahre hat der mittlerweile 33-Jährige in Deutschland verbracht (die AZ traf Ahmad Shakib Pouya zum Interview). Er ist mit einer afghanischstämmigen Deutschen verheiratet (was die deutschen Behörden nicht anerkennen) und hat, weil er ein halbes Dutzend Sprachen beherrscht, bei der Flüchtlingsberatung der IG Metall in Frankfurt gearbeitet – ehrenamtlich, die deutschen Behörden verweigerten ihm eine Arbeitserlaubnis. Bianca Huber von der IG Metall ist fassungslos: "Pouya ist ein ungemein wichtiger Mitarbeiter für uns, auf den wir überhaupt nicht verzichten können. Er bringt nicht nur die sprachliche Kompetenz mit, er kennt sich auch in den Tiefen des deutschen Rechtssystems aus."

Integrationswille wird von den Politikern zwar lautstark verlangt, wer sich dann aber für Deutschland einbringt, ist dennoch nicht willkommen. Abschiebung lautet das Urteil für Pouya, dieser kommt er nun "freiwillig" zuvor. Nur so ist es ihm möglich, die Sperrfrist für eine mögliche Wiedereinreise nach Deutschland zu verkürzen.

Ginthör hofft, dass beide nach der Ankunft in Kabul im Goethe-Institut Unterschlupf finden – und er will versuchen, einen Termin beim deutschen Botschafter zu erhalten, um die Wiedereinreise Pouyas auf den Weg zu bringen. Nach einer Woche geht Ginthörs Flug wieder zurück nach Deutschland. Dass ihn Pouya dabei begleiten wird, ist allerdings äußerst unwahrscheinlich.

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