Markus Blume (CSU) erklärt Strategie zur Sanierung der Münchner Kulturstätten

Bayerns Kunstminister Markus Blume stellt im Landtag seine Pläne für die Zeit nach der Wahl vor. Im Mittelpunkt stehen dabei die Kulturstätten in München, die einen frischen Anstrich dringend gebrauchen können.
Robert Braunmüller
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Die beiden größten Kulturbaustellen: Das Residenztheater (links) und die Bayerische Staatsoper sind sanierungsreif. Beide Theater werden im kommenden Jahrzehnt in Interimsspielstätten umziehen müssen.
Die beiden größten Kulturbaustellen: Das Residenztheater (links) und die Bayerische Staatsoper sind sanierungsreif. Beide Theater werden im kommenden Jahrzehnt in Interimsspielstätten umziehen müssen. © IMAGO/STL

München - In Bayern – das weiß man – gehen die Uhren anders. Insofern darf es einen nicht wundern, wenn im Freistaat das Wasser hinauffließt und nicht hinunter. Im Landtagsausschuss für Wissenschaft und Kunst hat Kunstminister Markus Blume nun eine "Kulturkaskade" angekündigt.

Bei der geht die Kultur nicht etwa den Bach hinunter, bei ihr fließen die Gelder wundersam aufwärts, in die Höhen der Hochkultur und nicht nur, aber vor allem auch in die Landeshauptstadt.

Mit Blumes "Kulturkaskade" zum Neubau des Staatsschauspiels

Blumes "Kulturkaskade" ist eine Strategie für anstehende Sanierungen, die möglichst ineinandergreifen sollen. Am Beginn steht der Neubau des Proben- und Werkstättenzentrum des Bayerischen Staatsschauspiels an der Hohenlindener Straße in Steinhausen.

Die Planung ist abgeschlossen, mit dem ersten Spatenstich ist anscheinend noch in diesem Frühsommer zu rechnen.

Auch Sanierung des Residenztheaters steht auf dem Plan

Dieses Projekt ist der Prolog für die dritte Kaskade: der Sanierung des Residenztheaters. Dessen Vorderhaus bietet sich dem Zuschauer zwar ganz manierlich dar, doch hinter und auf der Bühne geht es sehr beengt zu.

Im Vergleich zum mittlerweile sanierten Gärtnerplatztheater ist es nicht übertrieben, die Zustände in den Garderoben und Büros als unhaltbar beengt zu bezeichnen.

Hoffnung für marode Hochschule für Musik und Theater?

Zwischen den beiden Residenztheater-Kaskaden steht die Sanierung der Hochschule für Musik und Theater in der Arcis-Straße. Der Nazi-Bau ist seit Jahren marode.

Die Geigerin Julia Fischer sprach kürzlich in der AZ von sehr schlechten räumlichen Bedingungen für Studierende und Lehrende. Im Herbst 2023 soll ein Planungsauftrag erteilt werden. Nach drei, vier Jahren könnten die Gerüste stehen.

Brandschutzmängel im Münchner Nationaltheater

Kaskade Nr. 4 ist die mittlerweile überfällige Generalsanierung des Nationaltheaters. Hier gibt es im Besucherbereich Mängel beim Brandschutz und der Barrierefreiheit.

Die Aufzüge müssen renoviert werden, für die Inspizientenpulte gibt es keine Ersatzteile mehr. Irgendwann, in den 2030er Jahren, nach dem Abschluss der Resi-Sanierung, soll dieses Gebäude auf den neuesten Stand gebracht werden.

Es mangelt in München an Ausweichspielstätten

Das etwas schiefe Bild von der Kaskade soll verdeutlichen, dass vor allem die Sanierung des Residenz- und Nationaltheaters ineinandergreifen. Beide Häuser brauchen Ersatzspielstätten, die vernünftigerweise nacheinander genutzt werden. Was dafür in Frage kommt, blieb im Nebel.

Natürlich kann das Staatsschauspiel wie bisher im Marstall und im Cuvilliéstheater weiterspielen. Aber es braucht eine Hauptspielstätte. Das Prinzregentheater? Es war schon einmal Ausweichquartier des Residenztheaters, dient derzeit als Konzertsaal und ist akustisch für Sprechtheater ungeeignet. Das Kunstkraftwerk Bergson in Aubing?

Oder eher doch die Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke? In allen Fällen ist zu bedenken, dass der Raum groß genug sein sollte, um anschließend als Ausweichspielstätte für die Oper zu dienen - damit fällt das Bergson weg.

Gewünschtes Konzerthaus hat für Minister Blume keine Priorität

Daher könnte eine weitere Kaskade ins Spiel kommen: das seit einer gefühlten Ewigkeit geplante Konzerthaus im Werksviertel. Der Minister kann sich auf der Freifläche hinter dem Riesenrad eine "kulturelle Zwischennutzung" vorstellen. Der Staat zahlt dafür eine Erbpacht, der Besitzer wünscht eine kulturelle Nutzung, die Verkehrsanbindung über den Ostbahnhof ist ideal.

Es wird noch lange dauern, bis dieses Konzerthaus kommt - wenn überhaupt.
Es wird noch lange dauern, bis dieses Konzerthaus kommt - wenn überhaupt. © picture alliance / Cukrowicz Nachbaur Architekten/dpa

Konkreter wurde Blume nicht. Deutlich wurde aber: Das vom BR-Symphonieorchester an dieser Stelle gewünschte Konzerthaus hat derzeit keine Priorität. Es ist die letzte Kaskade. Und bis die erreicht ist, kann - anders als bei Wasserfällen - ziemlich lange dauern.

Verständnis seitens des Bayerischen Rundfunks

Der Minister hat über dieses emotional besetzte Thema mit dem Bayerischen Rundfunk, dem designierten Chefdirigenten Sir Simon Rattle und der Stiftung Konzerthaus gesprochen. Dabei sei ihm Verständnis für die schwierige Situation entgegengeschlagen.

Dem Eindruck, dass das Projekt tot sei, wird pflichtgemäß und auch ein wenig rituell widersprochen. Priorität genießt es jedenfalls nicht. Wenn die Fans des Konzerthauses allerdings von ihren Maximalforderungen abrücken, besteht aber offenbar die Chance, dass sich ein Staatstheater-Interim zu einem Konzerthaus weiterentwickelt.

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Neubau für das Museum Mensch und Natur nicht vom Tisch

Die Opposition erinnerte in der eher knappen Debatte an den unbefriedigenden Zustand des Herkulessaals und die Pläne einer Zusammenarbeit mit der Stadt. Die schließt Blume nach Gesprächen keineswegs aus, allerdings wolle er die staatliche Planung nicht von den Unwägbarkeiten der städtischen Gasteig-Sanierung abhängig machen, die sich verzögert, weil kein Investor gefunden werden konnte.

Ebenfalls Teil der Kaskade ist das Museum Mensch und Natur. Der Neubau ist nicht tot. Der Minister wünscht sich aber keine komplette Neukonzeption als Biotopia, sondern eine Weiterentwicklung des bisherigen Erfolgsmodells. Der Erfolg vor allem bei Familien spräche dafür. Daher soll das Museum im Nordflügel von Schloss Nymphenburg mindestens bis 2028 offenbleiben und auch teilweise erneuert werden.

Der ausgestopfte Bruno darf noch eine Weile im Museum Mensch und Natur bleiben.
Der ausgestopfte Bruno darf noch eine Weile im Museum Mensch und Natur bleiben. © picture alliance/dpa

Blume: "Kultur findet sehr erfolgreich auch außerhalb fester Bauten statt"

Blume betonte die Wichtigkeit der Sanierungen. Bayern solle aber nicht nur in Beton, sondern auch in Köpfe und Inhalte investieren. Das kommt seiner Ansicht nach zu kurz, und da wird ihm niemand widersprechen. Kultur fände sehr erfolgreich auch außerhalb fester Bauten statt, so Blume. Er erwarte von den Institutionen eine Mitgestaltung des Wandels durch eine digitale Öffnung und den Abbau von Barrieren - im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.

Daneben lobte Blume den Freistaat und sich selbst: Kein anderes Land investiere hier so viel: fast eine Milliarde. Gleichzeitig regte er an, mehr privates Kapital etwa für Großprojekte zu mobilisieren. Zudem bemängelte der Minister eine Schieflage bei der Kulturförderung des Bundes, der jedes Jahr rund 600 Millionen Euro für die Hauptstadtkultur nach Berlin leite.

Landtagsopposition: "Kaskade der Verzögerungen"

Die Landtagsopposition sprach von einer "Kaskade der Verzögerungen". Die grüne Kultursprecherin Sanne Kurz wünschte sich mehr Daten zu geänderten Besucher-Bedürfnissen. Sie mahnte die Staatsregierung, die schlechte soziale Absicherung der weniger Berühmten im Kulturbereich nicht zu vergessen. Volkmar Halbleib (SPD) und Wolfgang Heubisch (FDP) erinnerten an den schleppenden, mit Kostensteigerungen verbundenen Baufortschritt beim Deutschen Museum und der Neuen Pinakothek.

Regierung und Opposition waren sich einig, die Investitionen nicht auf München zu beschränken. Blumes Ausführungen blieben in dem Punkt nicht widerspruchsfrei: Er beklagte, dass sich die Kommunen aus der Kulturförderung zurückzögen. Anderseits erweckt der Staat durch die Gründung neuer Staatstheater den Eindruck, über unerschöpfliche Mittel zu verfügen. Und das ist - auch wenn dem immer vehement widersprochen wird - letztendlich eine Einladung an die Kommunen, Mittel für Institutionen zu kürzen. Nicht sofort, aber auf lange Sicht.

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