Space Age an der Isar

Das restaurierte "Futuro"-Haus vor der Pinakothek der Moderne erinnert an die Zukunftseuphorie der Sechziger Jahre
Joachim Goetz |
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Der finnische Architekt Matti Suuronen hat das Futuro-Haus als Berghütte, Wochenendehaus oder Arztpraxis konzipiert. Es war tatsächlich zur Nutzung vorgesehen.
Jörg Koopmanno Der finnische Architekt Matti Suuronen hat das Futuro-Haus als Berghütte, Wochenendehaus oder Arztpraxis konzipiert. Es war tatsächlich zur Nutzung vorgesehen.

Das restaurierte "Futuro"-Haus vor der Pinakothek der Moderne erinnert an die Zukunftseuphorie der Sechziger Jahre.

München - Ist vor dem Eingang der Pinakothek der Moderne ein UFO gelandet? Sieht fast so aus. Jedenfalls ist das von der Neuen Sammlung im letzten Jahr erworbene und nun komplett restaurierte „Futuro“-Haus des finnischen Architekten Matti Suuronen ein Paradebeispiel aus der Zeit des sogenannten Space Age.Der nun der Öffentlichkeit präsentierte futuristische Rundling aus glasfaserverstärktem Polyestherharz, der wie eine überdimensionale Arzneipille mit 16 elliptischen Fensteröffnungen aussieht, verkörpert die Zukunftsvisionen der 60er Jahre.

Fortschritts-und Technikgläubigkeit waren (nicht allein) in den gestaltenden Berufen weit verbreitet. Die Londoner Gruppe Archigram mit Peter Cook (derzeit im AIT-Architektursalon im Mucca in der Hotterstraße zu sehen) entwarf etwa Städte, die wandern sollten. Günther Eckert erdachte eine vielstöckige, bewohnbare Röhre, die sich über Ozeane und Kontinente hinweg auf Stützen rund um den Erdball schlingen sollte. In ihr hätten alle Menschen Platz gefunden wie in einer globalen Wohngemeinschaft.

Damaliger Preis: etwa 12.000 Dollar

Gegen diese spleenigen Ideen wirkt das Futurohaus, das man über eine ausklappbare Gangway wie ein Flugzeug betritt, geradezu banal. Und lustig. Denn außerdem steht es - wie 1969 die Mondlandefähre - auf dünnen, höhen verstellbaren Teleskopbeinen, um auch im unwegsamen Gelände nicht umzukippen. Schließlich hatte der Architekt das wohl knapp 100 mal produzierte Gebäude - damaliger Preis: etwa 12.000 Dollar - als Berghütte, Wochenendhaus, Unterrichtsraum oder Arztpraxis konzipiert.

Das Münchner Modell ist innen nur mit einer umlaufenden Bank ausgestattet. Suuronen hatte auf den 25 Quadratmetern auch noch einen Kamin vorgesehen, der seinen Rauch über die runde Dachluke in der Mitte ausblasen durfte. Eine elektrische Fußbodenheizung sorgt für wohlige Wärme - selbst bei extremen Temperaturen. Sogar einigermaßen erdbebensicher ist die Kapsel mit 4 Metern Durchmesser und transparenten Notausstiegsluken, die auch den Blick auf den Boden erlauben. Aufgebaut wurde es übrigens innerhalb von zwei Tagen, an denen die 16 Kreissegmente vor Ort zusammengeklebt wurden.

Futurohaus keine g'spinnerte Idee

Heute wirkt dieses avantgardistische Objekt, das ja ernsthaft zur Benutzung gedacht war, ziemlich kurios. Dennoch war es keinesfalls nur eine g'spinnerte Idee, an der sich ein paar Ästheten ergötzen konnten.
Einige der Entwurfskriterien sind auch heute noch aktuell - wenn auch in anderer Form. Man wollte mit Hilfe neuer Werkstoffe - die Polyesterschale ist mit Polyurethanschaum gedämmt - Material sparen, leicht bauen und bewegliche und flexibel einsetzbare Objekte schaffen. Gelungen.

Seine ursprünglich auf 30 Jahre angesetzte Lebenszeit hat es inzwischen auch schon fast verdoppelt. Und gerade in München erinnert das Science-Fiction-Objekt aus einigen Filmen auch daran, dass die Stadt den 60er Jahren ihren modernen Touch zu verdanken hat: In dieser Aufbruchstimmung wurden immerhin die faszinierenden Bauten von Olympia ´72 oder das BMW-Hochhaus (Bauzeit: 1968-73) erdacht. Die stehen inzwischen unter Denkmalschutz. 

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