Max Frankenburger im Jüdischen Museum: Höhenflüge mit dem Velociped

Eine Studio-Schau zu Max Frankenburger im Jüdischen Museum.
Roberta De Righi |
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Radeln war um 1900 schon en vogue, vor allem aber eine hoch ästhetische wie hundsrasante Angelegenheit, wie das schöne Jugendstil-Plakat der Firma Victoria demonstriert.
Radeln war um 1900 schon en vogue, vor allem aber eine hoch ästhetische wie hundsrasante Angelegenheit, wie das schöne Jugendstil-Plakat der Firma Victoria demonstriert. © Eva Jünger/Jüdisches Museum

München - Die elegante Radlerin mit Hut und Hund würde auch heute an der Isar eine gute Figur machen. Doch die fortschrittliche Dame auf dem Victoria-Rad tritt auf einer Jugendstil-Reklametafel aus dem Jahr 1900 in die Pedale. Zu sehen ist sie im Studienraum des Jüdischen Museums. Hier ist die aktuelle Präsentation dem aus Franken stammenden Fahrradpionier und Privatgelehrten Max Frankenburger (1860-1843) gewidmet.

Die Geschichte einer international verzweigten Familie

Die Schau, erarbeitet von Museumsdirektor Bernhard Purin, lässt eine jüdische Biografie, die Geschichte einer bald über Kontinente verzweigten Münchner Familie und die Gnadenlosigkeit der Zeitläufte sichtbar werden. Sie erzählt von schnellem wirtschaftlichem Erfolg, Wohlstand und Rückzug ins Private - und Verfolgung und Ermordung durch die Nazis.

Max Frankenburger und die Hochräder

Max Frankenburger kam als Sohn eines Religionslehrers zur Welt. Nach der kaufmännischen Ausbildung und ersten Anstellung in einer Holzhandlung, stieg er ins damals innovative Hochrad-Geschäft ein: Er wurde Kompagnon von Max Ottenstein, der bereits seit 1885 in Nürnberg Räder fabrizierte.

Die gemeinsame Firma wurde 1887 unter dem Namen "Velociped-Fabrik Frankenburger & Ottenstein" ins Gewerberegister eingetragen. Zunächst fertigte sie Hochräder, 1892 bereits das Tausendste, ehe die Fabrikation auf die praktischeren Niederfahrräder umgestellt und dafür der Markenname "Victoria" eingeführt wurde.

1890 heiratete Frankenburger Nanni Hirschhorn; das Paar bekam zwei Kinder und siedelte 1901 nach München über. Max' Bruder Heinrich, ein renommierter Jurist, war bereits hier.

Ausgestellt ist ein Exemplar von 1930

In der Ausstellung zu sehen ist das Exemplar eines Damenfahrrads aus dem Jahr 1930. Es überdauerte im Besitz der Familie von Branca: Erster Mann von Max' Tochter Hedwig, selbst Künstlerin für die Zeitschrift "Jugend", war der Offizier und Diplomat Wilhelm von Branca. Deren gemeinsamer Sohn wiederum ist Alexander von Branca (1919- 2011), Architekt der Neuen Pinakothek.

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Seine eigentliche Leidenschaft: die Gold- und Silberschmiedekunst

Der Siegeszug des Fahrrads ist ein faszinierendes Kapitel Wirtschafts- und Mobilitätsgeschichte der Gründerzeit - und war ein lukratives Business. Die Firma wurde schon 1895 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Aus dieser zog sich Frankenburger 1903 zurück, um sich - finanziell abgesichert durch ein Aktienpaket - als Privatgelehrter seiner eigentlichen Leidenschaft zu widmen: der Erforschung der Geschichte der Gold- und Silberschmiedekunst.

Ausgerechnet der F. Bruckmann-Verlag

Sein Band "Die Alt-Münchner Goldschmiede und ihre Kunst" gilt noch heute als Standardwerk. Das Buch erschien 1912 ausgerechnet im F. Bruckmann-Verlag. Die Söhne des Firmengründers, Alphons und Hugo Bruckmann sowie dessen Frau Elsa, pflegten früh antisemitisches und völkisches Gedankengut - und wurden später Münchens Haupt-Förderer Hitlers.

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Aus dem Altersheim verschleppt

Bis 1941 wohnten Max und Nanni Frankenburger in der Maxvorstadt, ehe sie ins Jüdische Altersheim an der Mathildenstraße zogen. Von hier aus wurden die beiden im April 1942 ins Judenlager Milbertshofen verschleppt. Dort, im provisorischen Barackenlager, blieb das Ehepaar ungewöhnlich lange, bis es im Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert und im Dezember 1942 beziehungsweise Januar 1943 ermordet wurde.

Jüdisches Museum, bis Mai 2022, Di bis So 10 bis 18 Uhr

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