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Klima? Kultur? Hauptsache PS

Dass Autofirmen bei Konzerten mit hochpreisigen Boliden werben, ist aus der Zeit gefallen.
Robert Braunmüller
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München - Am Samstag stellte der Global Partner der Bayerischen Staatsoper bei "Oper für alle" ein Luxusauto auf einen Sockel. Am Sonntag verschickte die gleiche Staatsoper eine Mail, in der es heißt, dass für die Kulturinstitution "Nachhaltigkeit und Klimaschutz" immer relevanter würden. Aus diesem Grund würde an Abonnenten keine gedruckte Monatsvorschau mehr verschickt. Außerdem drucke man neuerdings auf "zertifiziertes Recyclingpapier".

Mit derlei Widersprüchen steht die Staatsoper nicht allein. Eine Woche vorher, bei "Klassik am Odeonsplatz", platzierte ein anderer Autokonzern einen Sportwagen im Zuschauerbereich. Er tankt - laut Beschilderung - Super Plus, um auf 585 PS Leistung zu kommen, zahlt aber nur 732 Euro Kfz-Steuer pro Jahr. Der Hersteller will sich übrigens noch in diesem Jahrzehnt von Verbrennern verabschieden: Offenbar wurde deshalb ein Auslaufmodell aufgestellt, das für 187.000 Euro noch schnell raus muss.

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Die bei "Klassik am Odeonsplatz" auftretenden Münchner Philharmoniker veranstalteten ein paar Wochen davor einen "Tag der Nachhaltigkeit". Bei kürzeren Reisen nimmt das städtische Orchester neuerdings die Bahn. Auch bei dem am zweiten Abend spielenden Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks denken Musiker und Management intensiv über Klimaschutz nach. Nur in Marketing-Abteilungen von Veranstaltern und Autofirmen scheint man noch nie etwas von Klimawandel und Appellen zum Energiesparen gehört zu haben.

Sind PS-Boliden ein zukunftsträchtiges Modell für eine im Dauerstau erstickende Großstadt wie München? 

Es mag sein, dass Autofirmen das Geld, das sie für Sponsoring ausgeben, primär im Luxussegment verdienen. Nur: Sind PS-Boliden ein zukunftsträchtiges Modell für eine im Dauerstau erstickende Großstadt wie München? Sind Konzerte eine weitere IAA im öffentlichen Raum? Bei "Oper für alle" stand immerhin ein Elektroauto auf dem Max-Joseph-Platz. Nur eines, das sich kaum "alle" leisten können: Der Wagen wird ab 139.000 Euro angeboten.

Vladimir Jurowski, der Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper, macht sich in Interviews viele kluge Gedanken zu seinem ökologischen Fußabdruck. Er bemüht sich in diesem Punkt um maximale Glaubwürdigkeit. Passt dazu das neofeudale Geprotze mit Autos vor seinem Theater?

Da es bei "Oper für alle" und "Klassik am Odeonsplatz" bei Veranstaltern wie Sponsoren primär um Imagewerbung geht, sollten alle Beteiligten die Sommerpause nutzen, um darüber nachzudenken, in welcher Zeit wir leben und ob das Denken in Pferdestärken dem Image wirklich aufhilft, wenn gleichzeitig aus Gründen der Nachhaltigkeit Papier gespart werden soll.

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2 Kommentare
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  • MaxlH am 19.07.2022 00:26 Uhr / Bewertung:

    Netter Kommentar!

  • Bob2 am 18.07.2022 19:47 Uhr / Bewertung:

    Sehe ich nicht so. Gerade mit solchen Fahrzeugen fährt man nur hin und wieder. Jemand der in der Stadt lebt und in der Woche sich durchgehend mit öffentlichen Mitteln bewegt hat einen viel größeren CO2 Abdruck. Und wenn noch dazu mehrmals in der Woche grillt an der Isar um das vielfache.

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