Kritik

Verzaubernd-frisch: "Past Lives – In einem anderen Leben"

Der Film "Past Lives – In einem anderen Leben" von Regisseurin und Drehbuchautorin Celine Song erzählt von Liebesbanden, die über Jahrzehnte währen.
Margret Köhler |
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Hae Sung (Theo Yoo) und Nora (Greta Lee) teilen eine gemeinsame Jugend, in der alles begann.
Hae Sung (Theo Yoo) und Nora (Greta Lee) teilen eine gemeinsame Jugend, in der alles begann. © Courtesy of Twenty Years Rights/

Zwei Männer und eine Frau in einer schicken New Yorker Bar: Nora sitzt zwischen ihrem geliebten Ehemann Arthur (John Magaro) und ihrer Liebe aus Kindertagen Hae Sung. Celine Song nimmt in ihrem Kinodebüt als Regisseurin und Drehbuchautorin diese Szene zum Ausgangspunkt einer autobiografisch gefärbten heiter-melancholischen Betrachtung über Weggehen, Ankommen und Erinnern.

Es ist ein Szenario und denkwürdiger Moment, den sie nie vergessen hat und an den Anfang ihres Films packt: "Ich saß da zwischen diesen beiden Männern, von denen ich weiß, dass jeder von ihnen mich auf seine ganz eigene Weise liebt, in zwei Sprachen und zwei verschiedenen Kulturen. Es fühlte sich fast ein bisschen an wie Science Fiction. Man kommt sich vor wie ein Medium, das Kultur und Zeit und Raum und Sprache transzendiert".

"Past Lives – In einem anderen Leben" kombiniert Romantik und Pragmatik

Der verzaubernd-frische Film kombiniert wunderbar zarte Romantik und nüchterne Pragmatik und schwebt dabei ins Übersinnliche, ganz ohne Fantasy-Elemente. Die Handlung geht über drei Zeitepisoden, beginnend in Korea mit dem engen Band zwischen zwei Zwölfjährigen, die sich die Zukunft zusammen vorstellen. Als die Eltern des Mädchens nach Kanada gehen, bekommt sie den Namen Nora verpasst, um sich an die neue Gesellschaft anzupassen.

Erst zwölf Jahre später entdeckt die inzwischen in New York Dramaturgie studierende junge Frau im Internet ihren ehemaligen Freund. Über Skype chatten sie und lachen mit einander, die alte Verbundenheit ist wieder da, auch wenn Noras (Greta Lee) koreanische Sprache eingerostet ist. Aber die Entfernung ist zu groß. Sie in New York, er (Teo Yoo) als Student in China.

Film von Celine Song: Was passiert mit Menschen, die ihre Wurzeln aufgeben?

Vielleicht will sie auch nicht in die Vergangenheit zurückkehren. Um sich Kummer zu ersparen, brechen sie den Kontakt ab – und wieder nach zwölf Jahren besucht der Mann die inzwischen glücklich Verheiratete. Die elegant inszenierte Charakterstudie vermeidet Klischees wie ein mögliches Dreiecksverhältnis, wirft in diesem Rückblick auf zwei Dekaden Aufbruch und Umbruch existenzielle Fragen auf: Was passiert mit Menschen, die ihre Wurzeln aufgeben? Was verlieren Migranten, was gewinnen sie?

Es gibt keine Gefühlsausbrüche, sondern stilles Begehren, kleine Gesten statt großem Pathos, beredtes Schweigen statt leerer Worte, gegenseitigen Respekt statt Eifersüchteleien und Verletzungen zwischen zwei Seelenvertrauten, die sich nie geküsst haben und auseinandergedriftet sind. Die südkoreanisch-kanadische Dramatikerin wirft einen Blick zurück auf ein Leben voller Umbrüche und Herausforderungen, Hoffnungen und Träume, Abschied und Neuanfang. Es ist fast eine Meditation über Liebe, Bestimmung und Trauern um das vergangene Ich.

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"Past Lives": Ein verhaltener Liebefilm mit kompromissloser Intensität

Dazwischen spannt sich als Roter Faden die in Korea verbreitete Überzeugung des "In Yun", die Idee, dass es eine Zusammenführung von Menschen und ihren Seelen in verschiedenen Leben gibt. So bleibt die vage Zuversicht, dass sich beide vielleicht einem nächsten Leben noch einmal begegnen.

Vielleicht auch alle Drei. Dieser verhaltene Liebefilm tut weh in seiner kompromisslosen Intensität und streichelt gleichzeitig ganz sanft unsere Seele. Besser geht's nicht.

Kino: ABC, City, Isabella, Rio (alle auch OmU), Monopol und Maxim (OmU und engl. OV), R: Celine Song, (USA/KOR, 106 Min.)

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