Kritik

AZ-Kritik zu Eberhofer-Krimi "Rehragout-Rendezvous": Sex-Themen auf "derbem Schenkelklopferniveau"

Ed Herzogs Film nach dem Roman von Rita Falk ist ein Heimatschwank mit humoristischen Höhen und einigen Zoten. Die AZ-Kinokritik zum "Rehragout-Rendezvous".
Robert Braunmüller
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Sebastian Bezzel als Franz und Lisa Maria Potthoff als Susi wieder versöhnt im "Rehragout-Rendezvous".
Sebastian Bezzel als Franz und Lisa Maria Potthoff als Susi wieder versöhnt im "Rehragout-Rendezvous". © picture alliance/dpa/Constantin Film Verleih

Die Eberhofer-Reihe ist eine verlässliche Marke. Sie steht für (nieder-)bayerische Komik, Regionalkrimi und ein Füllhorn episodischer Auftritte bekannter Kabarett-Stars. Cineasten mögen verachtungsvoll auf diese Filme blicken. Aber man kann sich darauf verlassen, eineinhalb Stunden lang ordentlich unterhalten zu werden und dass in den Klamauk der Ernst des Lebens zumindest in Spuren beigemischt wird.

AZ-Kritik zu "Rehragout-Rendezvouz": Darum geht's

"Rehragout-Rendezvous", der neunte Eberhofer, ist keinesfalls schlechter, in manchem sogar besser als seine Vorläufer. Eine halbernste Krimihandlung über einen Vermissten bildet den Rahmen, in dem sich der übliche Privat-Klamauk um den Dorfpolizisten Eberhofer (Sebastian Bezzel), seine Dauerbeziehung Susi (Lisa Maria Potthoff), den Privatdetektiv Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) und den anderen üblichen Verdächtigten abspielt.

Diesmal müssen die Männer selbst anpacken, weil die Oma (Enzi Fuchs) in eine Alters-WG zieht und ihren Söhnen und Enkeln nicht mehr hinterherputzt und -kocht. Susi übernimmt nach einem Skiunfall des Bürgermeisters dessen Amtsgeschäfte. Sie versucht am Image von Niederkaltenkirchen zu arbeiten und lässt als Instagram-Attraktion eine riesige Leberkässemmel in den Kreisverkehr setzen, weil in postmodernen Zeiten Ernst und Ironie verschwimmen.

Das kann man insgesamt als Programm dieses Films verstehen. Der Vermissten-Fall, der sich als Erbschleicher-Drama entpuppt, hat auch seine ernsten Züge, die Tina Keserović gegen Ende mit fast tragischer Wucht und in etwas überraschendem Hochdeutsch ausspielt. Natürlich wird die Geschichte gleich wieder komisch gebrochen, wenn Birkenberger – der diesmal besser begründet in die Handlung hineinschneit als sonst – beinahe in einer riesigen Odelgrube ertränkt wird.

Ein abgetrenntes Ohr beschert Franz und Rudi einen verzwickten Mordfall. Sehr zum Leidwesen der frischgebackenen Interims-Bürgermeisterin Susi. V.l.n.r.: Lisa Maria Potthoff, Simon Schwarz, Sebastian Bezzel, Michael Ostrowski.
Ein abgetrenntes Ohr beschert Franz und Rudi einen verzwickten Mordfall. Sehr zum Leidwesen der frischgebackenen Interims-Bürgermeisterin Susi. V.l.n.r.: Lisa Maria Potthoff, Simon Schwarz, Sebastian Bezzel, Michael Ostrowski. © picture alliance/dpa/Constantin Film Verleih

"Rehragout-Rendezvous": Ein Regionalkrimi zwischen Ernst und Groteskem

In diesem Strang verschweigt "Rehragout-Rendezvous" keineswegs die Gefühlstrostlosigkeit des Landlebens zwischen alten Möbeln und hässlichen Tapeten auf ruinösen Bauerhöfen. Die komischen Szenen umkreisen – grotesk übersteigert – das in fast allen familienähnlichen Beziehungen virulente Problem, dass der Haushalt letztendlich doch bei den Frauen hängenbleibt.

Weil die Männer unendlich unter schmutziger Wäsche leiden, letztendlich aber doch einen Schweinsbraten zustandebringen, ist für jedermann und jederfrau etwas zur Identifikation bereitgestellt. Der Umgang mit der Frage der weiblichen Emanzipation bleibt aber im Rahmen des Volkstheaters. Eher schwankhaft bleibt auch das Motiv des daraus begründeten sexuellen Versagens der Männer, das der Film etwas arg zotig und – einschließlich Internet-Sex, Therapeutenwitzen, Schwitzhüttenesoterik und blauen Pillen – eher auf derberem Schenkelklopferniveau abhandelt.

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Drehbuchautor Ed-Herzog verspricht Fortsetzung der Eberhofer-Reihe

Man würde sich zwar wünschen, dass Sigi Zimmerschied mal etwas mehr Zimmerschied in den Dienststellenleiter Moratschek einbringen würde. Dafür liefert sich Monika Gruber als kracherte Verkäuferin in einem Tierbedarfsgeschäft ein sehr lustiges Schimpfduell mit Papa Eberhofer (Eisi Gulp). Eva Mattes hat sehr wuchtige Auftritte als leicht esoterische Lisl Moshammer. Und am Ende darf Castro Dokyi Affum als Fahrlerer den Eberhofer darüber aufklären, dass auch mit 86 Jahren in diesem unserem Freistaat jeder tun und lassen kann, was er mag.

Monika Gruber in ihrer Rolle in "Rehragout-Rendezvous".
Monika Gruber in ihrer Rolle in "Rehragout-Rendezvous". © Constantin Film

Für Sekunden blitzt auf, dass das Leben der 86-jährigen Oma wie bei jedem Menschen womöglich endlich sein könnte. Aber gleich darauf sind wir wieder im Schwank: Susi scheint entschlossen, bei den nächsten Wahlen als Bürgermeisterin kandidieren zu wollen. Eine Fortsetzung scheint also unvermeidlich, und eine Weitererzählung von Susis Emanzipation also auch.

Das meiste ist also wie immer, ein paar Prozent sind neu: Mit diesem Rezept werden Ed Herzog und Co-Drehbuchautor Stefan Betz noch ein paar weitere Folgen über Niederkaltenkirchen und seine Bewohner zusammenbasteln, zumal es ja noch ein paar unverfilmte Romane von Rita Falk gibt.

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  • Rousseau am 10.08.2023 23:32 Uhr / Bewertung:

    Den Film habe ich heute, am10.08., gesehen. Das Problem ist, dass die Macher kapiert haben, was beim Publikum den Erfolg der Reihe ausmacht: Bayerische Gemütlichkeit, Retro-Stimmung und was Gruibiges fürs Herz. All dies wird in "Rehragout" grotesk überzogen aufeinander geplatscht. Die Autos der Darsteller sind fast alle aus den 1970er Jahren, die Häuser sehen aus, als wäre es 1940 - da könnte man gleich einen Historienfilm ansehen - und es bleibt kein Klischee unstrapaziert. Viele rennen in Pullundern herum, die man wohl auf ein paar Dachböden gefunden hat. Was beim Publikum ankommt also sehr konzentriert und too much, ein Verbalschlag folgt auf den Nächsten. Das Ganze wirkt orientierungslos aneinander geklatscht, Hauptsache lustig. Mehr Standup-Comedy in immer wieder anderen Szenen als glaubwürdige Handlung. Als hätten alle das Rauschgift des Papas (Eisi Gulp) verschlungen. Humor um jeden Preis - tut mir leid, das war nichts, auch wenn man immer wieder fast zum Lachen gezwungen wurde.

  • Lump am 10.08.2023 21:03 Uhr / Bewertung:

    Lustig war's, wie immer. Und des ist hauptsach.

  • Der wahre tscharlie am 10.08.2023 15:00 Uhr / Bewertung:

    Ich gestehe, ich hab den Film noch nicht gesehen. Aber nachdem die Gruberin eine Nebenrolle hatte, frag ich mich, warum nicht auch eine Nebenrolle für den Hubsi.

    Ich könnte mir da, grob, folgenden Plot vorstellen.....In Niederkaltenkirchen eröffnet ein Geschäft mit veganem Leberkas. Folge, Sturm der Entrüstung, was den "Gemeinderat Aiwanger" zu einer Demo veranlasst, ( Stichwort "bayr. Leberkas zurückholen").
    Infolge dessen wird der vegane Laden in einer Nacht und Nebelaktion besprüht, was wiederum die "Thin Lizzy" auf den Plan ruft, um den Hubsi in ihrer unnachahmlichen Art zu vernehmen.
    Susi findet den veganen Leberkas nach einer Geschmacksprobe garnicht so schlecht, was Eberhofer veranlasst, abends in die Kneipe zu gehen und ruft, "Jacky und AC, des is a Notfall, und ihr saufts alle mit".

    Das ganze ist natürlich noch ausbaufähig zwinkern

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