"The Woman King": Das starke Geschlecht
Hoffnungslos unterlegen, aber dennoch voller Hoffnung: Die Filmgeschichte ist voll von Heldenfiguren, die sich gegen die Obrigkeit erheben, ihrer "Bestimmung" folgen und damit auch ihrem von der Gesellschaft vorgezeichneten Schicksal entfliehen. Blockbuster wie "Braveheart", "Last Samurai" oder "Gladiator" vereint eine Lust am Pathos, an der erzählerischen Überwältigung, die man heute, auch aus Angst vor Geschichtsverfälschung, nur noch selten sieht.
"The Woman King": Viola Davis in der Hauptrolle
Auch aus diesem Grund sticht "The Woman King" aus dem Gros verkopfter, emotional gedämpfter Zeitgeist-Filme hervor. Noch wichtiger ist aber, dass hier kein Mel Gibson, kein Tom Cruise, kein Russell Crowe mit Feuer im Herzen in die Schlacht zieht, sondern mit Viola Davis die renommierteste schwarze Darstellerin Hollywoods.
Jahre hat es gebraucht, bis die Oscarpreisträgerin ("Fences") Finanziers für ihr Herzensprojekt, dem Porträt der westafrikanischen Frauenarmee Agojie, finden konnte. Letztendlich war es der Erfolg der Marvel-Verfilmung "Black Panther", in dem auf die schwarzen Amazonen angespielt wird, der "The Woman King" erst möglich machen sollte.
Viele historische Fakten zu Beginn des Films
Etwas hastig trägt Regisseurin Gina Prince-Bythewood anfangs die historischen Fakten zusammen, wirft das Publikum gleich mitten hinein ins Königreich Dahomey von 1600 bis 1904, dem heutigen Benin, wo 1823 ein Überfall stattfindet. Die Opfer: alle Männer, hoffnungslos unterlegen den perfekt im Einklang mit Speeren und Macheten hantierenden Soldatinnen, den Agojie.
Nanisca (Viola Davis) ist der furchtlose Turm der Amazonen des Königreichs Dahomey in der Schlacht, verbissen, auftrainiert, gnadenlos. Einem strengen Kodex hat sich diese stolze Anführerin mit der Irokesenfrisur unterworfen. Wer für sie kämpfen will, oft sind es verstoßene, misshandelte oder einfach nur emanzipierte junge Frauen, muss dem klassischen Familienmodell mit Mann und Kind entsagen. Ghezo (John Boyega), der junge König von Dahomey, duldet diese hermetische Frauenarmee an seiner Seite, weil sie ihm Siege garantiert - auch bei seinen unlauteren Bestrebungen wie dem Sklavenhandel mit Kolonialmächten.
Schrille Charaktere
Was den Film neben seiner brisanten Thematik, der aufregend-direkten Bildsprache und den ungemein physischen Actionszenen aber so mitreißend macht, sind seine schillernden Charaktere. Davis schafft es allein mit sparsamer Mimik und kurzen Blicken die inneren Verletzungen ihrer Figur unter dem harten Panzer immer sichtbarer zu machen. In nichts steht ihr dabei die junge Rivalin Nawi (Thuso Mbedu) nach. Eine talentierte Kämpferin, die sich mutig einer Zwangsehe verweigert hat, sich aber ebenso entschlossen der strengen Hierarchie von Nanisca entgegenstellt. Eindruck hinterlassen auch die sensible Beraterin (Sheila Atim) und die lässige Ausbilderin (Lashana Lynch), die auch mal den Whisky auspackt, wenn Nawi mal wieder besonders gefrustet ist.
Das vielschichtige wie begeisternde Agojie-Quartett hat es in seinem verzweifelten Streben nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung bereits dem Publikum in den USA angetan, wo Umfragen auch beweisen, dass "The Woman King" bei Männern wie bei Frauen gleichermaßen gut ankommt.
Kino: CinemaxX, Royal sowie Monopol (OmU) und Arri, Gloria, Mathäser (auch OV) und Cinema, Museum (OV)
R: Gina Prince-Bythewood
(USA, 135 Min.)
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