Kritik

"Tagebuch einer Pariser Affäre" im Kino: Aber bitte ohne Gefühle

Emmanuel Mouret lotet in "Tagebuch einer Pariser Affäre" mal wieder Konstellationen der Liebe aus.
Margret Köhler |
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Ein flotter Dreier will gelernt sein: Beim ersten Treffen mit der verführerischen Louise stellen sich Simon (VincentMacaigne) und Charlotte (Sandrine Kiberlain) etwas unbeholfen an.
Ein flotter Dreier will gelernt sein: Beim ersten Treffen mit der verführerischen Louise stellen sich Simon (VincentMacaigne) und Charlotte (Sandrine Kiberlain) etwas unbeholfen an. © Pascal Chantier / Neue Visionen

Bloß keine großen Emotionen, kein Besitzdenken oder Routine. Nur nicht jeden Morgen nebeneinander aufwachen und abends das Geschirr in die Spülmaschine räumen, auf dem Sofa beim Fernsehen einschlafen. Einfach nur guten Sex ohne große Gefühle, Spaß ohne Verpflichtung, ein paar schöne und unverbindliche Stunden garniert mit feinsinnigen Gesprächen, sich hingeben, aber nie aufgeben, das wär's doch.

Es geht schnell: Muntere Affäre statt echte Romantik 

Eine lockere Affäre, wie wir das von unseren Klischee-Franzosen in Paris erwarten. Für Charlotte, die schon "ein trautes Heim mit Partner" hatte, ist das ideal und der verheiratete, etwas verdruckte Simon macht gerne mit, auch wenn es ihn irritiert, dass Madame schon beim ersten Rendezvous in der Bar nach zwei Minuten erklärt "Ich will unbedingt mit dir schlafen" und verdattert meint, das ginge aber schnell.

Echte Romantik? Vielleicht sogar ein paar Tränchen? Nein danke. Leidenschaft hält die alleinerziehende Mutter im 21. Jahrhundert für überbewertet, sie will keine Bindung, sondern vögeln und ein bisschen parlieren über Literatur, Gott und die Welt sollten reichen. Sie will genießen, "auf Bäume klettern und Früchte pflücken", wie sie sagt.

Der Film hangelt sich an Tagebucheinträgen der Geliebten entlang 

Beim Spiel mit den Erwartungen der Zuschauer sinniert Emmanuel Mouret in dieser witzigen und eleganten Beziehungskomödie mit etwas zuviel klugen Dialogen über die Kunst des Seitensprungs und die Kunst der Konversation und fragt, ob es wirklich funktioniert, sich nicht aus der emotionalen Deckung zu trauen.

Dabei muss es keine Bettakrobatik geben, ein paar Blicke und diskrete Andeutungen reichen, ihm geht es um das Begehren, die Lust auf die Lust. Das Duo experimentiert zwischendurch mit einem flotten Dreier, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg.

Der Film hangelt sich an Tagebucheinträgen der Geliebten entlang und offenbart nach und nach die Entwicklung der beiden, ihre Verletzbarkeit und Angst vor Nähe und Enttäuschung hinter dem Panzer aus Lässigkeit und Selbstbewusstsein.

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Simons Familie bleibt außen vor wie auch Charlottes Kinder. Wie lange kann so etwas gut gehen? Sandrine Kiberlain und Vincent Macaigne als scheinbar sachliches Paar in den Endvierzigern mit Liebes- und Lebenserfahrungen auf dem Buckel schaut man gerne zu beim komischen und herzzerreißenden Liebestango wider Willen, wie sie vergeblich gegen das Gefühl der Liebe kämpfen, die sie schon lange am Wickel hat.

Zärtlich-leichte Komödie mit melancholischen Untertönen 

Was wir schon immer wussten, wird in dieser zärtlich-leichten Komödie mit melancholischen Untertönen klar: Wenn's wirklich kribbelt, nutzen eben alle coolen Vorsätze nichts. Und schon mal gar nicht, wenn Juliette Gréco mit rauchiger Stimme "La Javanaise" haucht.


Kino: City sowie Rio, Solln (auch OmU) und Theatiner (OmU) Regie: Emmanuel Mouret (Frankreich, 100 Minuten)

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