Greta-Thunberg-Schalte: "Und nun muss ich zurück in den Unterricht"

Für das Filmfest in Venedig unterbricht Greta Thunberg kurz die Schule und schaltet sich per Video zu.
Adrian Prechtel
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Die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg in einer Szene der Dokumentation "Greta"
La Biennale di Venezia/dpa Die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg in einer Szene der Dokumentation "Greta"

Venedig - Was ist das Ärgerlichste auf einem internationalen Filmfestival, das insgesamt nur 50 Filme präsentiert, davon knapp 20 in einem renommierten Wettbewerb, und damit behauptet, man zeige das Beste oder Bemerkenswerteste der ganzen Saison? Konventionalität. Davon war der vierte Tag der Biennale gespickt.

Aber dann sieht man ein englisches Feelgood-Movie mit Helen Mirren und eine italienische, melodramatische Familien- und Coming-of-Age-Geschichte und einen durchschnittlichen Dokumentarfilm, der aber notwendig ist, und ist eben doch versöhnt: mit dem Festival, mit dem Kino und seiner Kraft, alles "Based on a True Story"!

"The Duke": Sehr britisch erzählt

"The Duke" ist die Geschichte eines Kleinbürgerehepaares, dessen Rente nicht ausreicht, so dass sie (Helen Mirren) bei einer Upper-Class-Familie den Haushalt mitführt, während er (Jim Broadbent) - ein sympathischer Querkopf - aus Gelegenheitsjobs fliegt, weil er einen untrüglichen Gerechtigkeitssinn hat und aufbegehrt - wie gegen die Rundfunkgebühr, die sich viele Rentner nicht leisten können.

Dabei hält er - es ist 1961, als unter konservativer Regierung die Sozialprogramme runtergefahren werden - das Fernsehen für ein "modernes Einsamkeitsheilmittel für alte Leute und Veteranen". Er "kidnappt" das Goyabild des reaktionären, aber verehrten Soldatenverheizers, des "Duke of Wellington" aus der National Gallery, um anonym ein Lösegeld zu erpressen, die er Robin-Hood-haft in die kostenlose TV-Versorgung zu investieren will.

Die Geschichte ist "very british" erzählt, mit Wortwitz, Schwärze und doch sentimental, so dass am Ende alles wieder gut und gerecht ist, was ein wenig zu affirmativ ist, aber eben mit ein bisschen Rebellentum und sozialer Frage auch zu denken gibt. Kurz: intelligente, tragikomische Unterhaltung. Und das ist ja schon einen ganze Menge.

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"Padrenostro": Eine bewegende Kindheitsgeschichte

An diesem Festivaltag aber haben die Italiener gezeigt, dass man einen insgesamt ebenfalls konventionellen, sogar partiell kitschigen Film drehen kann, der dennoch, oder gerade deshalb, den Zuschauer fesselt: "Padrenostro" erzählt gradlinig die Geschichte eines Sohnes von zehn Jahren, der immer mehr die Erwachsenenwelt durchschaut und Zeuge eines Attentats auf seinen Vater wird. Man wähnt sich - 1976 - in einem Mafiafilm, aber es stellt sich heraus, dass es um die Brigate Rosse, die italienische RAF, geht.

Aus Sicherheitsgründen abgeschirmt, beginnt der Junge Valerio eine Freundschaft mit einem vermeintlichen Straßenjungen. Ihre Lebenswege haben sich aber, wie sich für ihn und uns Zuschauer später herausstellt, nicht zufällig gekreuzt.

Überhaupt ist der Thriller, über dem immer nervös und makaber die Todesdrohung gegen den Richter-Vater hängt, eine bewegende Kindheitsgeschichte. Aber vor allem gelingt Regisseur Claudio Noce ein geniales und dramaturgisch extrem wendungsreiches Geschichts-, Gesellschafts- und Lebenspuzzle, so dass man am Ende gepackt und gerührt herauskommt - und staunt, dass es sich so ähnlich wirklich zugetragen haben soll.

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Greta Thunberg: Mit Grossman-Dokumentation zufrieden

Und wenn dann noch der Dokumentarfilm "I'm Greta" des schwedischen Kameramanns Nathan Grossman die drängende Wirklichkeit zeigt, verzeiht man die filmische Einfallslosigkeit zugunsten der Idee, dass das Weltveränderungs-Programm dieses Mädchens Thunberg zu wichtig ist, um ihr nicht über zwei Jahre zu folgen, bis ins Boot über den Atlantik zur Uno-Vollversammlung.

Für eine Pressekonferenz legte die 17-Jährige eine kurze Pause in ihren Schulalltag gelegt. "Wir müssen weiter über die Klimakrise sprechen und Veränderungen einfordern", sagte sie, als sie per Video zum Festival geschaltet wurde. "Wir behandeln die Krise immer noch noch nicht wie eine Krise", sagte sie.

Mit Grossmans Film ist sie zufrieden. "Nathan zeigt mich, wie ich bin", sagte sie. Grossman zeige kein "wütendes, naives Kind", sondern eine "schüchterne und nerdige Person - und das ist die Person, die ich bin". Die Dokumentation könne vielleicht auch helfen, Zweifler zu widerlegen, die behaupteten, sie schreibe ihre Reden nicht selbst oder sei fremdgesteuert.

Während der Übertragung war sie in einem Raum vor einem Bücherregal zu sehen. Nach gut einer Viertelstunde entschuldigte sie sich:. "Vielen Dank - und nun muss ich zurück in den Unterricht."

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