"Gegen jede Ratio": "Asterix & Obelix"-Schauspielerin Marion Cotillard im Interview
Sie ist nicht nur in Frankreich ein Superstar, sondern zählt zu Europas begehrtesten Schauspielerinnen – und sie engagiert sich seit über 20 Jahren für ökologische und soziale Belange.
In "Asterix & Obelix im Reich der Mitte" steht Marion Cotillard unter der Regie ihres Gatten Guillaume Canet als Königin Cleopatra in wenigen Szenen vor der Kamera.
Marion Cotillard: "Asterix und Cleopatra war mein Lieblings-Comic"
AZ: Madame Cotillard, Sie als Cleopatra in einem Asterix-Film: Da musste ich mir erst einmal die Augen reiben. Wie groß war der Spaßfaktor?
MARION COTILLARD: Ich habe mich in meine Kindheit zurückversetzt gefühlt. Alle Asterix-Hefte lagen bei uns zu Hause herum. Und Sie werden es nicht glauben, "Asterix und Cleopatra" war mein Lieblings-Comic.

Ich mag die Figur, ihre weibliche Kraft und Dynamik, auch wenn sie hier nur eine Nebenrolle hat. Und dann die Kostüme und der Schmuck! Komödien sind relatives Neuland für mich, aber es hat Riesenspaß gemacht, eine ganz andere Erfahrung zwischen Wahrheit und Clownerie. Ab und an gefällt mir ein Ausflug in dieses Genre.
Marion Cotillard: "Ich möchte gerne immer wieder neues Terrain erobern"
Goscinny und Uderzo haben 1959 diese Comicserie um Asterix und Obelix geschaffen. Wie kommt es, dass diese Geschichten immer noch funktionieren – und zwar weltweit?
Beide Charaktere sind ehrlich, sie sind inzwischen Freunde von uns und Teil der französischen Kultur. Die Gallier greifen augenzwinkernd immer ein Thema auf, das die Leute interessiert und berührt und zum Lachen bringt. Guter Humor kennt keine Grenzen.
Marion Cotillard: "Kinder müssen selbst ihren Platz finden"
Würden Sie gerne weiterhin in Komödien auftreten?
Ich möchte gerne immer wieder neues Terrain erobern, einen Sprung ins kalte Wasser wagen. Komödie ist nicht unbedingt meine Komfortzone, aber ich finde es erstaunlich, wie ich plötzlich eine andere Richtung einschlagen kann und die versteckte Komikerin in mir entdecke, eine spezielle Figur in einer speziellen Geschichte zum Leben erwecke.
Allerdings darf man nicht vergessen: Eine gute Komödie herzustellen ist schwerer als ein gutes Drama. Man muss die richtige Balance finden, nicht übertreiben, aber auch nicht untertreiben. Wenn man Leute zum Lachen bringen will, muss auch immer ein Stück Authentizität dabei sein. Dabei weiß man nie, ob man gut genug ist. Die Schauspielerei ist eine ewige Herausforderung.
Was würden Sie Ihrem Sohn raten, wenn der Schauspieler werden will?
Ich würde mich nicht einmischen. Wenn er glücklich ist, bin ich auch glücklich. Kinder müssen selbst ihren Platz finden. Ich würde die Schwierigkeiten nicht verschweigen. Als Mutter bin ich da in der Klemme. Auf der einen Seite will man seinen Kindern keine Steine in den Weg legen, auf der anderen sie auch beschützen.
Marion Cotillard: "Ich schraube keine Erwartungen für die Zukunft hoch"
Wie gehen Sie mit den Katastrophenmeldungen über den Zustand unseres Planeten um?
Mein Ziel ist, in der Gegenwart zu leben und diese zu genießen. Darin bin ich auch ganz gut. Ich schraube keine Erwartungen für die Zukunft hoch. Wir dürfen aber nicht immer nur auf positive Dinge schielen und negative Entwicklungen einfach wegschieben, sondern müssen uns damit auseinandersetzen.
Es ist doch wunderbar, das Leben und die Erfahrungen mit Menschen zu teilen, die man liebt. Das heißt nicht, zukünftige Gefahren wie den Klimawandel auszublenden, sondern gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen, ihn zu verhindern.
Sorgen um den Planeten: "Die Ressourcen sind endlich"
War das der Grund, als Produzentin bei "Bigger than Us" einzusteigen, einem Dokumentarfilm über junge Menschen, die für eine bessere Welt kämpfen?
Die Rolle der Produzentin hat sich irgendwie ergeben. Das Projekt startete 2018, wenige Monate bevor Greta Thunberg mit der Klimastreik-Bewegung aufrüttelte. Das sorgte bei uns für einen Energieschub. Mich hat das Engagement dieser jungen Menschen fasziniert, ihr Einsatz für eine bessere und menschlichere Welt.

Sind Sie da optimistisch?
Meine Generation, die der 50- oder 60-Jährigen, ließen selbst in dunkelsten Momenten die Hoffnung nicht fahren. Für mich ist es verstörend, dass diese Haltung bei jungen Leuten fehlt. Wir wissen nicht, ob es besser wird in der Zukunft, notwendig ist eine Bewusstseinsveränderung der Menschen. Da bin ich eigentlich optimistisch, auch wenn mir manchmal der Gedanke kommt, dass der ganze Planet verschwindet. Davor warnen auch Philosophen und Menschenrechtsaktivisten.
Durch Geldgier und Modernisierungswahn zerstören wir gegen jegliche Ratio die Grundfesten unseres Lebens. Wir müssen Stopp sagen und aufhören mit dem Schwachsinn, die Natur kontrollieren zu wollen. Die Ressourcen sind endlich. Wenn wir nicht schnell handeln, rennt uns die Zeit davon. Trotz allem versinke ich nicht in Trübsinn, sondern sage mir, packen wir's an. Gemeinsam über Ländergrenzen und Kontinente hinweg sollten wir das schaffen.
"Wir brauchen Regierungen, die langfristig echte Verantwortung übernehmen"
Junge Leute kleben sich auf Straßen und historischen Gebäuden fest. Ist das eine sinnvolle Methode, auf den Klimawandel aufmerksam zu machen?
Man darf sie nicht in Bausch und Bogen verdammen. Wir müssen ihnen vielleicht die Augen für die Wirklichkeit öffnen, für das, was wann wie möglich ist. Umweltzerstörung, soziale Gerechtigkeit, Armut oder mangelnde Bildung sind Teil eines globalen Problems. Das hängt alles zusammen. Man muss nicht unbedingt ein Vorbild sein oder ein Beispiel an Perfektion.
Einfach mal mit Verstand einkaufen, sich über die Produktionsbedingungen der Ware schlau machen, die Städte menschenfreundlicher gestalten. Oder überlegen, ob man wirklich jedes neue iPhone benötigt. Und wir brauchen Regierungen, die langfristig echte Verantwortung übernehmen, nicht Wasser predigen und Wein trinken.

Möchten Sie mal Regie führen bei einem Film wie "Asterix & Obelix im Reich der Mitte"?
Der wäre mir wirklich eine Nummer zu groß. Ich habe mitbekommen, wie Guillaume Canet vier Jahre an diesem Asterix-Projekt gearbeitet hat, allein das Casting war der Wahnsinn. Aber ich liebe Schauspieler und würde gern mit ihnen arbeiten.
Sie wirkten in amerikanischen Big-Budget-Produktionen mit, in großen, erfolgreichen französischen Filmen, in Arthaus-Filmen. Wo fühlen Sie sich am wohlsten?
Das kann ich nicht sagen. Eigentlich geht es immer nur darum, authentisch zu sein und an das Projekt zu glauben. Einfach das Beste zu geben.
Wie finden Sie Ruhe in dieser unruhigen Zeit?
Ich habe lange gebraucht, die Transzendentale Meditation zu verstehen, für manche bleibt sie ein geheimnisvolles Rätsel. Sie hilft mir, mit mir selbst im Reinen zu sein und jedem Lebewesen Respekt entgegenzubringen, Stress zu überwinden. Als Baby hatten wir den Kopf frei. Als Erwachsener hören wir auf die Informationen des Hirns. Darauf sollten wir uns nicht immer verlassen. Ich kann nur Mahatma Gandhi zitieren: Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.
"Asterix & Obelix im Reich der Mitte" läuft ab 29. Mai im Kino
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