"Downton Abbey" im Kino: Adelige Herzerweichung
Eigentlich sollte der Kinofilm 2019 nur ein großformatiges Abschiedsgeschenk für die Fangemeinde sein, nachdem sie der TV-Serie "Downton Abbey" über 56 Folgen hinweg die Treue gehalten hatte. Aber ein weltweites Einspielergebnis von fast 238 Millionen Dollar zeigte, dass das wendungsreiche Schicksal der englischen Adelsfamilie Crawford und ihrer Schar an Bediensteten auch auf der großen Leinwand sein Publikum fand.
Kino-Fortsetzung von "Downton Abbey" ist durchaus gelungen
Eine ausgeklügelte Plotkonstruktion, die facettenreiche Entwicklung des umfangreichen Figurenarsenals, verschwenderische Ausstattung und ein historischer Bogen, der die gesellschaftlichen Veränderungen des frühen 20. Jahrhunderts erfasste, bestimmten die Qualität der Serie.
Dagegen wirkte der Kinofilm, in dem vor dem Hintergrund der königlichen Visite moderate Konflikte innerhalb eines zweistündigen Zeitfensters versöhnlich gelöst wurden, schon fast ein wenig behäbig. In der Fortsetzung "Eine neue Ära" nimmt das Unternehmen unter der Regie von Simon Curtis ("Frau in Gold") jedoch wieder Fahrt auf.
Die neue Zeit bricht über die Crawfords in Form einer Filmproduktion herein, die das adlige Anwesen als Kulisse nutzen will. Das hochherrschaftliche Wohnzimmer soll zu einem Spielsalon umgebaut werden - der Earl of Grantham Robert Crawley (Hugh Bonneville) legt die Stirn in Falten. Aber den großzügigen Scheck der Filmfirma für die Dachsanierung kann auch er nicht abschlagen.
Gesamter Familien verlässt das Anwesen und reist nach Frankreich
Da trifft es sich gut, dass es im fernen Frankreich eine Erbschaftsangelegenheit zu regeln gibt. Die hochbetagte Lady Violet (Maggie Smith) hat eine Villa an der Côte d'Azur von einem Verehrer aus jungen Jahren vermacht bekommen.
Und so geschieht das Unvorstellbare: Der Earl, Gattin Cora (Elizabeth McGovern), Tochter Edith (Laura Carmichael) und Butler Carson (Jim Carter) verlassen den Familien-Campus, um ins ferne Frankreich zu reisen, während sich auf Downton unter Marys Bewachung die illustre Lichtspiel-Schar breit macht.
Aber das Stummfilm-Projekt gerät schon bald in die Krise, weil die ersten Tonfilme gerade die Kinos erobern. Da muss der Regisseur (Hugh Dancy) auf die vokalen Fähigkeiten Lady Marys (Michelle Dockery) zurückgreifen und am Ende sitzt sogar die ganze Dienerschaft als Ersatzstatisten vor der Kamera an der Tafel im großen Salon.
Langjährige Downton-Fans genießen pure Unterhaltung
Derweil geht es an der strahlenden Côte d'Azur weniger lustig zu. Die Witwe des Verstorbenen (Nathalie Baye) ist "not amused" über das Testament ihres Mannes. Wie sich bald herausstellt, lag der nachhaltige Frankreichbesuch Lady Violets gerade einmal neun Monate vor der Geburt von Sohnemann Robert.
Mit bewährter Kunstfertigkeit bringt Drehbuchautor Julian Fellowes leichte Erschütterungen in die heile Welt der Adelsfamilie, die erneut ihre Traditionen, Werte und sogar den eigenen Stammbaum hinterfragen muss. Das ist vor allem, aber nicht nur, für langjährige Downton-Fans ungeheuer unterhaltsam, weil hier wie schon in der Serie die Erlebniswelten der Figuren erneut erweitert werden.
Für die größte Herzerweichung sorgt jedoch die wunderbare Maggie Smith, die in der situiert sarkastischen Lady Violet die Rolle ihres späten Lebens gefunden hat und mit diesem Kinofilm Downton endgültig hinter sich lässt. "Weine nicht so laut" sagt ihre Countess of Grantham am Schluss "ich kann mich ja nicht sterben hören".
Kino: ABC, Astor im Arri, Astor im Bayerischen Hof, Cinemaxx, Gloria, Solln, Rio sowie Arena, City (OmU) und Cinema, Museum (OV) und Mathäser (alle Versionen)
R: Simon Curtis (GB,, 125 Min.)
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