Der neue Hollywood-Streifen Mollys Game in der AZ-Filmkritik
AZ-Filmkritik: Jessica Chastain ist in "Molly’s Game" eine Ex-Skifahrerin, die einen Pokerring betreibt.
Molly will gewinnen. Egal gegen wen, egal in welcher Disziplin. Als die junge Skifahrerin an einem Strauch hängenbleibt, sind Knie und Olympiahoffnungen zerstört. Aber bald findet Molly ein neues Feld für ihren Ehrgeiz: Sie organisiert Underground-Pokerpartien in Hollywood.
Das Entree bietet ihr ein kleiner Hollywood-Hai (Jeremy Strong), der in einem Kellerklub Kartenspiele veranstaltet. Grundeinsatz: 10 000 Dollar. Molly (Jessica Chastain) arbeitet als seine Assistentin, lässt sich eine Zeit lang triezen, googelt fleißig Fachbegriffe, die sie von den Zockern aufschnappt – und lotst diese irgendwann zu ihren eigenen Pokerturnieren in einem Luxushotel.
Immer mehr Schwerreiche kommen, die Einsätze werden höher. Doch dann sitzt auch die Russenmafia mit am Tisch, und prompt stehen 17 FBI-Agenten mit Maschinengewehren vor Mollys Wohnung.
"Mollys Game" basiert auf einer wahren Geschichte
"Molly’s Game" basiert auf der wahren Geschichte von Molly Bloom, an deren Pokertisch Stars wie Leonardo Di Caprio und Tobey Maguire zockten. Aaron Sorkin fand in ihrer Lebensgeschichte den Stoff für sein spätes Regiedebüt, nachdem er Drehbücher von Filmen wie "Eine Frage der Ehre", "The Social Network" und "Steve Jobs" geschrieben und die erfolgreiche Serie "The West Wing" geschaffen hatte. Dieser Background ist spürbar. Die große Stärke des Films sind die Dialoge: Sorkin schickt Molly in rasante Wortgefechte mit ihrem smarten, etwas über-pathetischen Anwalt (Idris Elba). Der versucht aus Molly herauszukitzeln, ob sie noch mehr mit den Machenschaften ihrer kriminellen Kunden zu tun hatte.
Noch unterhaltsamer sind aber die Rückblicke auf Mollys Zockerrunden, denn hier sitzen viele großartige Figuren: der milchgesichtige, ständig lächelnde, fiktive Hollywood-Star (Michael Cera), der Poker gar nicht so mag, aber sehr gern Leben zerstört. Oder der Loser-Typ (Brian D’Arcy James), der Abend für Abend hunderttausende Dollar verliert, den Gegnern aber zugleich Millionen für seinen betrügerischen Hedgefonds abschwatzt. Und der stoische Könner (Bill Camp), der einmal kurz die Nerven verliert und Haus, Hof sowie Eheglück verspielt. Dann noch der Milliardär (Jon Bass), der einen echten Monet als Grundeinsatz mitbringt.
Doch ausgerechnet Molly, die in jeder Szene des Films zu sehen ist, ist nicht halb so interessant wie die Nebenfiguren: Sie ist eine Frau fast ohne Eigenschaften, von Ehrgeiz und Intelligenz abgesehen. Nicht einmal Jessica Chastain kann ihr die Blässe nehmen. Dass Molly in den langen Pokernächten allmählich ein Drogenproblem entwickelt, wird nur behauptet, nicht spürbar. Ohnehin ist "Molly’s Game" 140 Minuten lang kurzweilig – etwas Rauschhaftes hat der Film aber nicht, ganz anders als Scorseses Mafiafilme, die für den schnell geschnittenen Film offenbar Pate standen.
Kevin Kostner spielt den dominanten, erfolgsbessenen Vater
Dass "Molly’s Game" gegen Ende kurz zum psychologischen Drama mutiert und Mollys dominanter, erfolgsbesessener Vater (Kevin Costner) plötzlich in den Fokus rückt, funktioniert dramaturgisch nicht so recht. Und auch die Maskenabteilung wusste offenbar nicht, wie sie bei den Rückblenden aus der 40-jährigen Chastain eine 20-Jährige Molly machen sollte. Da hat auch der Hollywood-Zauber Grenzen.
Kino: Mathäser, Leopold und Monopol (OmU) sowie Museum und Cinema (OV)
R: Aaron Sorkin (USA,140 Min.)
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