Kritik

"Der junge Häuptling Winnetou": Edle Einfalt, wenig Größe

"Der junge Häuptling Winnetou" schießt sich mit abgeschmackten Western-Klischees und überdrehten Bösewichtern selbst ins Knie.
Florian Koch |
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Im Planwagen beweisen Tom Silver (Milo Haaf) und vor allem Winnetou (Mika Ullritz) ihre Tapferkeit.
Im Planwagen beweisen Tom Silver (Milo Haaf) und vor allem Winnetou (Mika Ullritz) ihre Tapferkeit. © Leonine

Endlich ist die Katze aus dem Sack. Winnetou war gar kein Franzose! Vielmehr stammt Karl Mays unverwüstlicher Apachen-Häuptling aus Fürstenfeldbruck. Oder besser: sein Schauspieler Mika Ullritz. "Der junge Häuptling Winnetou" will 60 Jahre nach dem ersten Aufgalopp mit Pierre Brice in "Der Schatz im Silbersee" die Vorgeschichte des vielleicht berühmtesten fiktiven Indianers erzählen. Und bewegt sich damit bereits bei den Begrifflichkeiten auf dünnem Eis.

Märchenwelt statt aufgeklärte Auseinandersetzung

Die Macher des Films orientieren sich ganz bewusst an der "Märchenwelt" von Karl May und verweigern sich damit, anders als US-Produktionen wie der herausragende, nur mit Native Americans besetzte Actionfilm "Prey" (Disney+), auch einer aufgeklärten Auseinandersetzung mit indigener Kultur.

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In Mike Marzuks flotter Inszenierung entsprechen die Apachen noch klassisch dem Typus des Edlen Wilden, darf der türkischstämmige Schauspieler Mehmet Kurtulus als Häuptling Intschu-tschuna feierlich platte Weisheiten wie "Vertraue deinem Herzen" von sich geben. Gedreht wurde der Abenteuerfilm durchaus aufwendig in Andalusien, wo bereits "Der Schuh des Manitu" entstanden ist.

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Ein Film, der sich zu ernst nimmt

Anders als "Bully" Herbigs Parodie nimmt sich "Der junge Häuptling Winnetou" aber viel zu ernst, obwohl von der Saloon-Schlägerei, über die ausbleibenden Bisons bis zu den geldgierigen Bleichgesichtern kein klappriges Western-Klischee ausgelassen wird. Grenzwertig wird es besonders in der letzten halben Stunde mit dem Auftritt von Todd Crow (Anatole Taubman) und seiner Bande. Taubman chargiert hier weit unter seinem Niveau als fiese Vogelscheuchen-Version von Johnny Depps Jack Sparrow und dürfte damit jüngere Zuschauer nachhaltig verstören (FSK-Freigabe: ab 0!).

Am kindlichen Zielpublikum vorbei gehen auch die zahlreichen Anspielungen an die Originalreihe wie der Kurz-Auftritt von Sam Hawkens (Marwin Haas) als Buben (Zitat: "Wenn ich mich nicht irre"). Verirrt haben sich in diesen unausgegorenen Film leider auch die durchaus talentierten Nachwuchskräfte. Ullritz gefällt als stolzer wie störrischer junger Winnetou genau wie sein redseliger Cowboy-Kompagnon Milo Haaf alias Tom Silver.

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Wenn die beiden unaufgeregt ihre Vorurteile abbauen und sich auf einem Planwagen eine irre Verfolgungsjagd liefern, kommt der Familien-Neo-Western endlich bei sich an. Den schalen Beigeschmack können diese vereinzelten Höhepunkte der mehrfach verschobenen Produktion aber nicht überspielen.


Kino: CinemaxX, Mathäser, Museum Lichtspiele, Royal, R: Mike Marzuk (D, 103 Min.)

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